Im US-Einzelhandel sind die Umsätze im April wegen der Coronakrise eingebrochen. Die Händler nahmen 16,4 Prozent weniger ein als im Vormonat, teilte das Handelsministerium mit. Einen größeren Rückgang hat es seit Beginn der Statistik 1992 noch nicht gegeben. Ökonomen hatten mit einem Minus von zwölf Prozent gerechnet.Bereits im März hatte es einen heftigen Einbruch von 8,3 Prozent gegeben. Gegenüber dem Vorjahresmonat brachen die Umsätze im April um 21,6 Prozent ein. Die Verbraucher gaben insbesondere für Möbel, Elektronik und Bekleidung weniger Geld aus. Die Erlöse mit Bekleidung lagen dabei fast 90 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor.
Der stationäre Einzelhandel ist durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie besonders betroffen. Viele US-Konsumenten weichen stattdessen auf Internethändler aus: Der Onlinehandel konnte seine Umsätze steigern.
Nur langsame Erholung erwartet
Der private Konsum macht mehr als zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung aus. Er brach bereits im ersten Quartal mit einer Jahresrate von 7,6 Prozent ein, das ist der stärkste Rückgang seit 1980. Für das laufende Quartal halten Ökonomen einen Einbruch von bis zu 40 Prozent für möglich, was das stärkste Minus seit den Dreißigerjahren wäre.
Viele Geschäfte mussten im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus geschlossen bleiben. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Amerikaner ist die enorm gestiegene Arbeitslosigkeit: Wegen der Corona-Pandemie verloren im vergangenen Monat offiziellen Angaben zufolge 20,5 Millionen Amerikaner ihren Job.
"Wir wissen ziemlich genau, dass der April eine Katastrophe war", sagte Sung Won Sohn, Professor für Betriebswirtschaft an der Loyola Marymount University in Los Angeles. "Die Frage ist, welche Bereiche des Einzelhandels im Mai und Juni wieder zurückkommen werden und welche überhaupt nicht." Alles deute darauf hin, dass die Erholung langsam vonstattengehen werden - wenn sie überhaupt noch in den verbleibenden Frühlingswochen einsetze.
Industrie erlebt schärfsten Einbruch seit rund hundert Jahren
Auch die Industrieproduktion ist im April gegenüber dem Vormonat eingebrochen - um 11,2 Prozent. Das teilte die Notenbank Fed mit. Damit verzeichnete sie den stärksten Rückgang seit Erhebungsbeginn vor 101 Jahren im Jahr 1919. Analysten hatten im Mittel einen Rückgang um zwölf Prozent erwartet.
Die Warenproduktion des Verarbeitenden Gewerbes, vergleichbar in etwa mit der deutschen Industrieproduktion, fiel noch stärker um 13,7 Prozent. Auch das ist ein Rekordrückgang. Die Autoproduktion brach um 70 Prozent weg. Im Bergbau nahm die Aktivität ebenfalls deutlich ab. Der Ausstoß der Versorger ging dagegen nur leicht zurück. Die Kapazitätsauslastung der Industrie ging um 8,3 Prozentpunkte auf 64,9 Prozent zurück.
Viele Experten rechnen erst in der zweiten Jahreshälfte mit einer Belebung. Im wichtigen Bundesstaat New York zeichnet sich zumindest ein Ende der Abwärtsspirale ab: Der entsprechende Konjunkturindex der regionalen Notenbank kletterte im Mai spürbar.
Die Industrie, die etwa elf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der weltgrößten Volkswirtschaft beiträgt, war bereits vor der verschärften Coronakrise schlecht in Form. Das liegt unter anderem an den Folgen des US-Handelskonflikts mit China.
spiegel
Tags: