Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller rechnet nicht mit ausführlichen Bund-Länder-Beratungen am kommenden Montag. "Ich glaube, es wird bestenfalls eine kurze Rücksprache geben zwischen den Ministerpräsidenten und dem Kanzleramt, weil der Bundestag jetzt gestern deutlich gemacht hat, er will vor einer möglichen Beschlussfassung miteinbezogen sein und eine Diskussionsmöglichkeit haben", sagte der amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) im ZDF. "Und es ist auch noch nicht hinreichend klar, was Überlegungen aus dem Kanzleramt wirklich bedeuten sollen, ein kurzer, harter Lockdown", so der SPD-Politiker.
Zuvor hatten Spitzen der Regierungsfraktionen von Union und SPD auf eine breite Debatte im Bundestag über die Corona-Lage gedrängt. Auch eine Regierungserklärung könne ein geeigneter Rahmen für die Diskussion über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Pandemie sein, schreiben die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD, Ralph Brinkhaus und Rolf Mützenich, sowie der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel und den MPK-Vorsitzenden Müller.
Die Ministerpräsidenten und Merkel hatten bei ihrer jüngsten Videoschalte am 22. März beschlossen, dass die Kanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder im Licht der Infektionsentwicklung am 12. April erneut beraten. Nach Informationen aus Länderkreisen stand zuletzt eine Verschiebung der geplanten Beratungen möglicherweise auf Mittwoch im Raum. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans sagte in der ZDF-Sendung "Maybritt Illner": "Ich gehe mal davon aus, es wird nicht am Montag sein."
"Den beiden Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag ist es ein wichtiges Anliegen, vor dieser Konferenz den Stand der Pandemie und mögliche Schlussfolgerungen hieraus im Bundestags-Plenum zu diskutieren", schreiben die drei Chefs der Regierungsfraktionen. "Geeigneter Rahmen könnte eine Regierungserklärung oder eine Vereinbarte Debatte sein." Bei einer Vereinbarten Debatte handelt es sich um eine Aussprache ohne eine Vorlage oder eine Regierungserklärung als Beratungsgegenstand. Brinkhaus, Mützenich und Dobrindt schreiben an Merkel und Müller weiter: "Für eine kurzfristige Information, auf welchen Tag in der kommenden Woche Sie die Bund-Länder-Konferenz letztendlich legen möchten, wären wir Ihnen sehr verbunden. Dies würde unsere Planungen sehr erleichtern."
Schäuble: Gesetzesänderung könnte schnell gehen
Aus der Unionsfraktion im Bundestag war am Donnerstag ein Vorstoß für mehr Kompetenzen des Bundes gekommen. Merkel hatte den Ländern bereits vor gut eineinhalb Wochen, am 28. März bei "Anne Will", vorgeworfen, trotz grassierender dritter Corona-Welle mit Lockerungen zu experimentieren. Sie sei am Nachdenken, was nun zu tun sei; der Bund könne aktiv werden, wenn die Länder nicht die nötigen Maßnahmen ergreifen sollten.
Seither ist insbesondere eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Gespräch, etwa mit dem Ziel, die Notbremse in Gebieten mit vielen Infektionen verpflichtend zu machen. Kritiker wie der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach monieren, das koste angesichts der täglich steigenden Infektionszahlen zu viel Zeit. Und Merkel bräuchte auch die Zustimmung der Länder, wie sie vor Ostern ebenfalls schon deutlich gemacht hat.
Nach Darstellung von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble lässt sich das Infektionsschutzgesetz allerdings in kürzester Zeit ändern. Es kann schnell gehen, wenn die Beteiligten alle wollen", sagte der CDU-Politiker im ZDF-"heute-journal". In den beiden nächsten Sitzungswochen könne man entweder den Bund ermächtigen, bundeseinheitliche Regelungen für Corona-Maßnahmen zu erlassen. Dazu brauche man eine Zustimmung des Bundesrats. Oder man könne "bestimmte Regeln für die Länder verbindlich vorgeben durch Bundesgesetz". Dem müsse der Bundesrat nicht zustimmen, sagte Schäuble. Zur Not könne dies auch in einer Sitzungswoche passieren.
Laschet will mehr Kompetenzen beim Bund
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet befürwortet mehr Kompetenzen des Bundes. "Leider haben die vergangenen Tage und Wochen gezeigt, dass zu wesentlichen Fragen keine Einigkeit unter den Ländern besteht", sagte der CDU-Bundesvorsitzende. Es müsse aber gehandelt werden. Die einzelnen Länder müssten allerdings weiterhin die Verantwortung für Maßnahmen der Pandemiebekämpfung übernehmen, die keine länderübergreifenden Auswirkungen hätten. Entscheidend sei die pandemische Lage vor Ort. Die MPK sei außerdem "kein Ort für Mikromanagement".
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat die Notwendigkeit des Treffens generell infrage gestellt. "Ich dränge nicht auf ein solches Treffen", sagte der CDU-Politiker in den ARD-"Tagesthemen". Mit dem aktuellen Infektionsschutzgesetz und den bisherigen Beschlüssen gebe es bereits den gesamten Rahmen, um die Corona-Pandemie erfolgreich in den Bundesländern zu bekämpfen. "Von daher brauche ich keine neuen Besprechungen, sondern wir würden genau das umsetzen, was wir miteinander besprochen haben."
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte am Mittwoch erklärt, der Termin für eine MPK am Montag komme möglicherweise zu früh. Entscheidend sei, dass sich vorher klare Mehrheiten für das weitere Vorgehen abzeichneten. In Unionskreisen war zuletzt darauf verwiesen worden, dass die Mehrheit der SPD-Länder bisher gegen einen harten Lockdown sei. CDU-Chef Armin Laschet hatte am vergangenen Montag dagegen die Verhängung eines einheitlichen "Brücken-Lockdowns" vorgeschlagen.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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