Angela Merkel habe zum Zeitpunkt ihrer China-Reise nichts von möglichen schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Wirecard gewusst, obwohl es damals schon kritische Medienberichte zu dem Skandalunternehmen gab. Darüber berichtet die Deutsche Presse-Agentur (DPA) unter Berufung auf einen Regierungssprecher.
Den Abgeordneten im Untersuchungsausschuss wird es vor allem darum gehen, wie Merkel auf Wirecard aufmerksam wurde. Wirecard war damals ein aufstrebendes Fintech und Dax-Unternehmen. Erwartet werden laut DPA kritische Fragen zum Lobbyismus im Kanzleramt. Denn vor der China-Reise hatte die Kanzlerin Besuch vom früheren Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der für Wirecard Lobbyarbeit betrieben hat. Er wies Merkel auf das Unternehmen und seine Expansionspläne in China hin. Der Einsatz der Kanzlerin habe dem Untersuchungsausschuss zufolge unbeabsichtigt zu einer Verlängerung des mutmaßlichen Bilanzbetrugs beigetragen.
Wirecard hatte im vergangenen Sommer eingestanden, dass 1,9 Milliarden Euro aus der Bilanz nicht auffindbar sind. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das inzwischen insolvente Unternehmen seine Bilanzen mindestens seit 2015 fälschte. Durch die Pleite entstand nach Rechnung der Union ein wirtschaftlicher Schaden von rund 22 Milliarden Euro – viele Kleinanleger verloren Geld.
Auch Finanzminister Olaf Scholz steht im Skandal unter Beschuss. Am Donnerstag sagte er auch aus. Die Regierung trage ihm zufolge keinerlei Verantwortung für den aus seiner Sicht großangelegten Betrug. Union und Opposition sehen Scholz dagegen in der politischen Verantwortung – denn sein Ministerium ist zuständig für die Finanzaufsicht Bafin, die Unregelmäßigkeiten bei Wirecard hätte aufdecken können. Scholz und die SPD dagegen sehen vor allem Fehler bei den Wirtschaftsprüfern – allerdings auch Reformbedarf bei der Bafin.
Scholz wurde mehr als neun Stunden befragt, ähnlich wie am Vortag sein Staatssekretär Jörg Kukies.
snanews
Tags: