Denn in den vergangenen Monaten sind in Europa mehrere Plattformen im Netz entstanden, die Privatleuten nach dem Vorbild von Mitfahrzentralen Mitfluggelegenheiten bei Hobbypiloten vermitteln. Die verdienen nichts an dem Flug, können jedoch so einen Teil der Unkosten ihres teuren Hobbys decken.
Wingly, Flyt, Offwefly, Coavmi, Wingshare und Skyuber heißen die Start-up-Unternehmen, die dahinter stehen. Vermittlungsgebühren nehmen sie nicht.
Ein Rundflug über Berlin in einer Cessna T206H etwa wird für 96 Euro angeboten, eine Reise in einer Cirrus SR 22 von Berlin nach Sylt für 180 Euro und ein Flug von Dijon im Burgund nach Montpellier in Südfrankreich in einer Piper PA 28 für 89 Euro. Interessenten brauchen sich nur durch die Angebote zu klicken und Kontakt mit dem Piloten aufzunehmen.
Mitte April tritt eine Arbeitsgruppe zusammen
Doch nun ist in Frankreich eine Debatte darüber entbrannt, ob Mitflugzentralen rechtens sind und welchen Auflagen sie unterliegen sollen. Denn eine von der zivilen Flugaufsichtsbehörde DGAC (Direction générale de l`aviation civile) eingesetzte Arbeitsgruppe urteilte im Januar, dass die Vermittlungsportale wie Fluggesellschaften über einen Luftverkehrsbetreiberschein verfügen müssen.
In anderen Ländern wie Deutschland und Großbritannien dagegen ist die Vermittlung von Mitfluggelegenheiten in kleinen Flugzeugen erlaubt, wenn es sich um Selbstkostenflüge handelt, der Pilot also lediglich seine Unkosten auf alle Flugteilnehmer umlegt.
Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) erlaubt Privatpiloten ebenfalls, Passagiere auf Kostenteilungsbasis in Maschinen mit Platz für bis zu sechs Personen mitzunehmen. Sie hat nun für Mitte April eine Arbeitsgruppe zu dem Thema einberufen, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit korrekt informiert wird.
Der französischen Flugaufsicht DGAC ist das jedoch nicht genug. Sie scheint fest entschlossen zu sein, andere europäische Behörden dazu zu bringen, ihrem Beispiel zu folgen – sehr zum Verdruss der Mitflugzentralen.
Hinter der Kritik steht möglicherweise Furcht
Von Mitflugzentralen ein Luftverkehrsbetreiber-Zertifikat zu verlangen sei so, als würde man der Mitfahrvermittlung Blablacar Auflagen wie einem Taxi-Unternehmen machen, meint Coavmi-Gründer Youssef Oubihi. Wie er seien die anderen Gründer von Mitflugzentralen alle begeisterte Hobbypiloten. Ihr Ziel sei auch, durch die Vermittlung von Privatflügen die Kleinfliegerei wieder zu beleben, da die Anzahl der Hobbypiloten immer weiter sinke.
"Wir stellen nicht das Flugzeug zur Verfügung, wir führen keine Flüge durch", meint auch Wingly-Mitgründer Emeric de Waziers. "Wir vermitteln nur den Kontakt zwischen Pilot und Passagier."
Doch professionelle Piloten und Flugingenieure in Frankreich sehen das anders. Mitflugzentralen seien nicht rechtens und würden die Sicherheit gefährden, beschwerte sich die Gewerkschaft USPNT vergangenes Jahr bei Energieministerin Ségolène Royal, der auch das Transportwesen und die Flugaufsichtsbehörde DGAC unterstehen. In Frankreich sei es erlaubt, Familienangehörige oder Bekannte mit auf Hobbyflüge zu nehmen, sagt Julien Duboz von der Air-France-Pilotengewerkschaft SPAF.
Sobald man jedoch mit Unbekannten flöge, sei das aus Sicht seiner Vereinigung ein kommerzieller Flug. Daran ändert für die Gewerkschaft auch die Tatsache nichts, dass die Vermittlungsportale keine Gebühren verlangen.
Doch möglicherweise steckt hinter der Kritik der Gewerkschaften ohnehin viel mehr die Furcht, Mitflugzentralen könnten die finanziell angeschlagenen klassischen Fluggesellschaften durch ihre Konkurrenz noch weiter unter Druck setzen.
Über 100 geflogene Gäste seit Ende Januar
Die Entscheidung der französischen Flugaufsicht DGAC, dass Vermittlungsplattformen ein Luftverkehrsbetreiber-Zertifikat benötigen, hat Hobbypiloten in Frankreich verunsichert, sodass die Nutzerzahlen der Mitflugzentralen deutlich eingebrochen sind.
Bisher habe die DGAC noch keine entsprechende Vorschrift erlassen, berichtet der deutsche Wingly-Mitgründer Lars Klein. "Dennoch haben Piloten Sorge, dass das Teilen von Flügen nicht gestattet ist." Sie hätten deshalb aufgehört, Wingly zu nutzen. "Nichtsdestotrotz gibt es noch einige Piloten, die in Frankreich Flüge anbieten."
In einer Unterschriftensammlung appellierten bereits 3000 Personen an die französischen Behörden, Mitflugzentralen nicht die gleichen Auflagen wie Fluggesellschaften zu machen. Die Vermittlungsportale versuchen nun, zusammen mit der französischen Flugaufsicht eine Lösung zu finden.
Wingly, bereits seit vergangenem Sommer in Frankreich aktiv, ist inzwischen auch in Deutschland an den Start gegangen. Es laufe hervorragend in Deutschland, erklärt Klein, der das Start-up-Unternehmen zusammen mit den Franzosen Bertrand Joab-Cornu und de Waziers gegründet hat. "Täglich kommen neue Nutzer, Flüge und Buchungen hinzu. Wir hatten bereits über 100 geflogene Gäste seit dem Start Ende Januar."
Erfahrung wichtig für Flugsicherheit
Probleme wie in Frankreich muss Wingly in Deutschland nicht fürchten. "Die europäische Verordnung (EU) Nr. 965/2012 ordnet Flüge auf Kostenteilungsbasis unstreitig als nicht gewerbsmäßigen Flugbetrieb ein", erklärt das Luftfahrt-Bundesamt. Diese Regelung unterliege bis 2017 noch einer Opt-out-Regelung, muss von Deutschland also nicht befolgt werden. Bis dahin gelte das Luftverkehrsgesetz, das Flüge mit Luftfahrzeugen, die für höchstens vier Personen zugelassen sind, von der Genehmigungspflicht befreit, soweit sie nicht gewerbsmäßig eingesetzt werden.
Flüge auf Kostenteilungsbasis, die Mitflugzentralen vermitteln, seien eben nicht gewerbsmäßig, sagt eine Sprecherin. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob die Passagiere mit dem Piloten bekannt seien oder nicht oder ob die Flüge auf speziellen Portalen beworben würden.
Die britische Flugaufsicht Civil Aviation Authority (CAA) erlaubt Mitfluggelegenheiten bei Hobbypiloten auf Kostenteilungsbasis ebenfalls. Sie sieht darin eine gute Möglichkeit, Privatpiloten zu unterstützen. Sie könnten häufiger fliegen und so mehr Erfahrung sammeln, argumentiert die britische Behörde. Erfahrung wiederum ist wichtig für die Sicherheit.
Quelle : welt.de
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