Keine heiße Luft von Moto Guzzi

  31 März 2016    Gelesen: 787
Keine heiße Luft von Moto Guzzi
Moto Guzzi hat für die neue V9-Baureihe einen Motor entwickelt, der Tradition und Moderne verbinden soll. Herausgekommen ist ein erstaunliches Motorrad, das viel bietet und auch für die Kurve taugt.
Das rote Tor am Haus Nummer 63 an der Via Emanule Parodi in Mandello del Lario am Comer See öffnet sich nur noch selten. Die Zufahrt zum Areal des vor 95 Jahren gegründeten Motorradherstellers Moto Guzzi ist schon vor einigen Jahren in die nahe Via Baraggia verlegt worden, damit auch große Sattelschlepper ins Gelände einfahren können; die alte Einfahrt war dafür deutlich zu eng gewesen.

Zwar hält sich die Menge an montierten Zweirädern trotz der Einführung des Prestigemodells California 1400 im Jahr 2014 nach wie vor in Grenzen, die weit unterhalb der motorradhistorischen Bedeutung dieser Marke liegen, doch der Piaggio-Konzern als Eigentümer steht eisern zu diesem herausragenden Stück italienischer Industriekultur und steckt weiterhin viel Geld ins Überleben von Moto Guzzi. Es gilt schließlich, bald das Hundertjährige zu feiern. Und dabei soll die neue V9 Roamer helfen.

Klassisch schön

Klassisch im Stile eines Allround-Motorrads ist diese neue Mittelklasse-Guzzi konzipiert. Typisch für die Marke recken sich die beiden schräg stehenden Zylinder in den Fahrtwind; sie tragen schön gestaltete schwarze Zylinderhauben. Während der Zeitgeist klar zu wassergekühlten Motoren mit Vierventil-Zylinderköpfen geht, setzt man bei Moto Guzzi weiter auf das Zweiventilprinzip und Luftkühlung: Dennoch erfüllt der neue, 853 Kubikzentimeter große V2-Motor die Anforderungen der 2017 in Kraft tretenden Euro 4-Emissionsnormen. Mit dem in der V7 weitergebauten 744-Kubik-V2 hat der V9-Motor nur noch das Motor- und das Getriebegehäuse gemeinsam, alle Teile im Motorinnern wurden neu entwickelt.

Klassisch im Stile eines Allround-Motorrads ist diese neue Mittelklasse-Guzzi konzipiert.
Klassisch im Stile eines Allround-Motorrads ist diese neue Mittelklasse-Guzzi konzipiert.
Mit 55 PS hält sich die Leistung des angenehm weich laufenden Triebwerks allerdings in Grenzen; dank der sehr flach ausgelegten Drehmomentkurve steht jedoch bereits ab 2000 U/min genügend Kraft zur Verfügung, weshalb das gut gestufte und leicht schaltbare Sechsganggetriebe seltener als erwartet bemüht werden muss. Zum Charakter der V9 Roamer passt dieser Antrieb insgesamt bestens. Etwas hart erfolgt die Gasannahme des V2-Motors aus dem Schiebebetrieb heraus; Serpentinen beispielsweise lassen sich angenehmer absolvieren, wenn man etwas Druck auf die Hinterradbremse ausübt.

Auch für die Kurve gebaut

Leichte Fahrbarkeit und hohe Benutzerfreundlichkeit soll dieses Italo-Moto der 200 Kilogramm-Klasse auszeichnen. Ziel erreicht – das darf man im Anschluss an den ersten Fahrtest im Bereich des bergigen Hinterlandes sowie am Ufer des Comer Sees ohne Einschränkungen feststellen. Die V9 Roamer lenkt leicht in Kurven ein und hält den einmal gewählten Radius problemlos. Übliche Landstraßentempi stellen das Fahrwerk vor keinerlei Probleme; über die Fahrstabilität im Bereich der Höchstgeschwindigkeit lässt sich noch nichts aussagen.

Auch bei der Moto Guzzi V9 Roamer sind es die Details, die das Motorrad ausmachen.
Auch bei der Moto Guzzi V9 Roamer sind es die Details, die das Motorrad ausmachen.
Auf gut asphaltierten Straßen sind dank der ausreichend bemessenen Schräglagenfreiheit erstaunlich hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich. Wird der Straßenbelag schlecht, bleibt das dem Fahrer nicht verborgen: Die knapp 10 Zentimeter Federweg am Hinterrad sind schnell aufgebraucht. Absolut überzeugen kann die Bremsanlage mit je einer Scheibenbremse im Vorder- und Hinterrad; das ABS regelt zeitgemäß feinfühlig.

Ausstattung ist sehr gut

Die Ausstattung der V9 Roamer ist mit einer elektronischen Traktionskontrolle, einer Wegfahrsperre sowie einem USB-Anschluss für diese Fahrzeugkategorie sehr gut; sogar eine automatische Blinkerrückstellung gibt es. Die Lenkerschalter, vollkommen neu entwickelt, sind einzigartig: Ihr Design ist ein echter Hingucker. Das zentral angeordnete Rundinstrument ist angenehm dezent gestaltet; ein kleines LC-Display zeigt auf Knopfdruck am Lenker weitere Informationen an – fürs entspannte Motorradfahren ist alles Nötige vorhanden.

In ihrer Konzeption liegt die neue Moto Guzzi V9 Roamer dicht an der ebenfalls nagelneuen Triumph Street Twin: Hubraum, Motorleistung und Fahrzeuggewicht sowie die Fahrposition sind sich ziemlich ähnlich. Mit 9990 Euro liegt die Italienerin rund einen Tausender über der Engländerin, bietet allerdings mit einem wartungsfreien Kardanantrieb auch etwas mehr. Und die reine Luftkühlung verleiht ihr ein offenbar zukunftsfähiges Alleinstellungsmerkmal. Das Motoröl dient bei diesem Motor nämlich alleine der Schmierung.

Quelle: n-tv.de , hpr/sp-x

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