Der Prozess sei nicht fair, weil Druck auf die Justiz ausgeübt werde, kritisierte Utku. Das werde man am zweiten Verhandlungstag in der Verteidigung deutlich machen. Der Anwalt Erdem Güls, Akın Atalay, hat die juristische Rechtmäßigkeit der Anklageschrift in Zweifel gezogen. Ihm zufolge habe der ermittelnde Staatsanwalt İrfan Fidan den Anklagepunkt Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung aus der Anklageschrift gestrichen. Atalay zufolge könne aber laut türkischem Strafgesetz der Straftatbestand der versuchten gewaltsamen Beseitigung der Regierung nur in Tateinheit mit der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung behandelt werden.
Dündar und Gül werde also zur Last gelegt, eine terroristische Vereinigung unterstützt und den gewaltsamen Sturz der Regierung vorbereitet zu haben, ohne Mitglied in einer terroristischen Vereinigung zu sein. Einen solchen Straftatbestand geben es im türkischen Strafrecht aber gar nicht, wie die türkische Zeitung Birgün schreibt.
Beim Prozessauftakt am vergangenen Freitag waren der deutsche Botschafter Martin Erdmann und andere Diplomaten anwesend gewesen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte das scharf kritisiert. Erdmann wurde wegen der Prozessbeobachtung am Dienstag ins Außenministerium in Ankara einbestellt - zum zweiten Mal innerhalb einer Woche. Bei der ersten Einbestellung hatte das Außenministerium gegen eine Erdoğan-Satire im NDR-Fernsehen protestiert.
Hintergrund der Anklage ist ein Bericht der Cumhuriyet über angebliche Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien aus dem vergangenen Jahr. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte Anzeige gegen Dündar und Gül erstattet. Der Präsident ist neben dem türkischen Geheimdienst MİT Nebenkläger im Prozess.
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