Wer ist Kriegsgefangener?
Wer als Kriegsgefangener gilt, definiert Artikel 4 des Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen - ein internationaler Vertrag, den 196 Staaten unterzeichnet und ratifiziert haben. Das Abkommen ist Teil der sogenannten Genfer Konventionen.
Kriegsgefangene im Sinne dieses Abkommens sind, kurz gefasst, alle Kämpfenden, die in die Gewalt des Feindes fallen und bestimmte Bedingungen erfüllen. Das sind zunächst die Angehörigen von "bewaffneten Kräften einer am Konflikt beteiligten Partei", wozu ausdrücklich auch "Milizen und Freiwilligenkorps" zählen. Angehörige von "organisierten Widerstandsbewegungen" gelten ebenfalls als Kriegsgefangene, wenn ihre Gruppe einen Anführer hat, sie als Kämpfer erkennbar sind und ihre Waffen offen tragen sowie, wenn sie "bei ihren Operationen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten".
Auch Zivilisten haben, sofern sie in Gefangenschaft geraten, einen Status als Kriegsgefangene, wenn sie "beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb die Waffen gegen die Invasionstruppen" ergriffen haben, "ohne zur Bildung regulärer Streitkräfte Zeit gehabt zu haben". Aber auch sie müssen die Waffen offen tragen und "die Gesetze und Gebräuche des Krieges" einhalten. Partisanen werden in diesem Abkommen nicht ausdrücklich erwähnt; sie fallen unter die Milizen oder die spontan kämpfende Zivilbevölkerung.
Wie müssen Kriegsgefangene behandelt werden?
Kriegsgefangene dürfen nicht getötet oder grausam behandelt werden - das gilt für jede an einem bewaffneten Konflikt beteiligte Person, die nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligt ist, also auch für Soldaten, die sich ergeben. Kriegsgefangene dürfen weder körperlichen noch seelischen Folterungen ausgesetzt werden. Wenn sie eine Auskunft verweigern, dürfen sie "weder bedroht noch beleidigt" werden.
Ausdrücklich heißt es in Artikel 13 des Abkommens, dass Kriegsgefangene "jederzeit mit Menschlichkeit zu behandeln" sind. Sie dürfen auch nicht zur Schau gestellt werden: "Die Kriegsgefangenen müssen ferner jederzeit geschützt werden, namentlich auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigungen und der öffentlichen Neugier."
Heißt das, dass Kriegsgefangene nicht gefilmt werden dürfen?
Filmaufnahmen sind nicht grundsätzlich verboten - nur solche, die die Kriegsgefangenen in ihrer Würde verletzen. "Wenn Kriegsgefangene von der einen oder der anderen Konfliktpartei schlicht in Fernsehaufnahmen gezeigt werden, verstößt dies noch nicht gegen das humanitäre Völkerrecht", heißt es beim Deutschen Roten Kreuz; der Schutz der Genfer Konventionen gehört zu den zentralen Aufgaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Ein Verstoß liegt erst dann vor, wenn Gefangene so zur Schau gestellt werden, "dass sie der öffentlichen Neugier preisgegeben oder sie eingeschüchtert oder beleidigt und damit in ihrer Würde verletzt werden".
Dürfen Kriegsgefangene verurteilt und ins Gefängnis gesteckt werden?
Kriegsgefangenschaft an sich ist keine Strafe, sondern soll nur verhindern, dass die betroffenen Personen weiter am Krieg teilnehmen. Kriegsgefangene dürfen auch nicht bestraft werden, weil sie gegen das Land gekämpft haben, dessen Gefangene sie wurden. Über sie können nur Strafen verhängt werden, "die bei den gleichen Tatbeständen für die Angehörigen der bewaffneten Kräfte dieses Staates vorgesehen sind".
Für Kriegsverbrechen können Kriegsgefangenen natürlich verurteilt und bestraft werden.
Könnten Kriegsverbrecher theoretisch auch vor deutsche Gerichte gestellt werden?
Ja. Im Januar dieses Jahres wurde in Frankfurt am Main der zweite Prozess wegen in Syrien begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit eröffnet. Kurz zuvor war ein Syrer in Koblenz wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat bereits im März angekündigt, dass Deutschland auch russische Kriegsverbrecher vor Gericht stellen würde, "wenn wir ihrer habhaft werden".
Quelle: ntv.de, hvo
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