Beim womöglich letzten Formel-1-Rennen in den Straßen von Monaco kommen die Zuschauer auf ihre Kosten. Doch dem Fürstentum droht das Aus. Die Rennserie ist nicht mehr angewiesen auf die Strecke. Es wäre ein Verlust. Vor der kurzen Pause und dem Rennen in Aserbaidschan Mitte Juni sorgt der Regen, Mick Schumacher und eine verhunzte Ferrari-Strategie für Aufregung.
Leclerc ist der wütendste Mensch in ganz Monaco
Zumindest hat Charles Leclerc erstmals bei seinem Heimrennen das Ziel erreicht. Das ist ja schon mal was für einen, der zuvor in fünf Anläufen fünfmal liegen geblieben war. Doch der 24-Jährige war am Sonntag der unglücklichste und zugleich wütendste Mensch in ganz Monaco. Kurz vor Rennbeginn einsetzender Regen, aber vor allem eine von Fehlern geprägte Ferrari-Strategie raubten dem Souverän der Trainingseinheiten und des Qualifyings den Triumph auf seinen Straßen. Leclerc weiß: Soll es mit dem WM-Titel etwas werden, sind grobe Fehler verboten. Am Ende stand Rang vier für ihn, doch auch ein eventueller zweiter Platz am Grünen Tisch hätte ihn zumindest kurzfristig kaum trösten können.
Ferrari gräbt das Kriegsbeil aus
Dass für Leclerc ein nachträglicher "Aufstieg" im Tagesklassement auf einmal möglich erschien, hat ebenfalls mit seinem Team zu tun. Ferrari versuchte nach dem Rennen, Red Bull mit Sieger Sergio Perez und dem drittplatzierten Weltmeister Max Verstappen am Grünen Tisch zu schlagen. Die FIA-Kommissare schmetterten den Vorstoß allerdings ab, das Red-Bull-Duo habe mitnichten verbotenerweise eine Linie bei der Boxenausfahrt regelwidrig überfahren, heißt es im Urteil. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto redete sich verstohlen heraus. Man habe nur Klarheit haben wollen - für alle in der Formel 1. Eine gezielte Attacke gegen Red Bull sei das nicht gewesen. Wer's glaubt. Das Kriegsbeil im WM-Duell der beiden Top-Teams ist ausgegraben.
"Moralischer Sieger" Red Bull holt Pokale
Red Bull verlässt Monte Carlo nicht nur mit zwei schönen Pokalen, sondern auch als moralischer Sieger. In der oft genug von Ränkespielen geprägten Formel 1 durften sich die Bullen diesmal in der Rolle des Opfers sonnen, das zu Unrecht angeklagt wurde. Zuvor hatte das Team am Kommandostand bereits Ferrari vorgemacht, wie es geht: Red Bull bewahrte kühlen Kopf und brachte - auf einer Strecke, auf der Überholen als unmöglich gilt - mit kluger Boxenstrategie Perez um zwei Plätze und Verstappen um eine Position nach vorne.
Schumacher am Scheideweg
Allmählich weiß auch Günther Steiner nicht mehr weiter mit Mick Schumacher. Es sei "nicht sehr befriedigend, wieder einen großen Unfall zu haben", erklärte der Südtiroler in der Pressemitteilung des Haas-Rennstalls und fügte einen Satz hinzu, der Raum für Spekulationen lässt: "Wir müssen sehen, wie wir von hier aus weitermachen." Eigentlich sollte Schumachers Lehrzeit in der Formel 1 mit dem Ende der abgelaufenen Saison, in der er das Team oft zufriedenstellte, abgeschlossen sein. In diesem Jahr aber läuft es für ihn bislang überhaupt nicht.
Das Auto ermöglicht gute Resultate, doch diese stehen bei Mick Schumacher weiter aus. Dafür stehen 2022 schon drei schwere Unfälle in seiner Statistik: Der heftige Crash im Qualifying von Dschidda, der Rennunfall mit Sebastian Vettel in Miami - mit dem sich Schumacher um seine ersten Punkte brachte - und nun der heftige Einschlag in Monaco. Es ehrt Schumacher, dass er ohne Wenn und Aber seine Schuld einräumte, doch wieder einmal bleibt seinem Team nur ein Haufen teurer Schrott. Schumacher muss aufpassen, dass ihm nicht bald das Image eines Crashpiloten anhaftet. Für die weitere Karriere ist das nicht förderlich.
Routinier Vettel liefert ab
Fast schon unauffällig war der andere Deutsche unterwegs. Vettel lernt das verbesserte Paket von Aston Martin allmählich verstehen. Rang zehn liest sich bieder, doch der viermalige Weltmeister absolvierte mit all seiner Routine ein gutes Wochenende. Seinen Teamkollegen Lance Stroll hat er immer deutlicher im Griff. Auch der AMR22, der wegen der Ähnlichkeit zum Verstappen-Auto den Beinamen "grüner Red Bull" trägt, gehorcht Vettel immer mehr. Auch wenn die Schritte nach vorn klein sind.
Monaco wehrt sich gegen Abschied
Soll es das gewesen sein, fällt der Formel 1 denn keine Lösung ein? Man muss es abwarten. Klar ist: Die Motorsport-Königsklasse ist nicht mehr auf das Rennen im mondänen Fürstentum angewiesen, reiche Geschichte hin oder her. Glamour gibt es mittlerweile auch woanders, und andere Veranstalter bezahlen eben deutlich höheres Antrittsgeld. Doch Monaco hat sich noch einmal von seiner besten Seite gezeigt. Die Strecke ist die ultimative Herausforderung für jeden Rennfahrer, nachzufragen bei Mick Schumacher. Die Fans sind näher dran als irgendwo anders. Und das Rennen bot - zugegebenermaßen begünstigt durch den Regen und eine konfuse Ferrari-Strategie - auch gute Unterhaltung. Es wäre schade, wenn Monaco für einen Retortenkurs irgendwo im Nirgendwo weichen müsste.
Quelle: ntv.de, sue/sid
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