Die Migranten wurden von Dutzenden Sicherheitsleuten begleitet. Die Behörden wollen etwa 400 Asylsuchende von den Inseln der Ostägäis abschieben. Die Beamten rechneten mit Widerstand. Bei der Küstenwache war von einer explosiven Stimmung unter den Flüchtlingen die Rede.
In der Türkei gab es Proteste gegen die Aufnahme der Menschen. Diese sollen nach Dikili gebracht werden. Dort herrschte bei den Behörden Ratlosigkeit. Der Bürgermeister des Küstenbezirks Dikili, Mustafa Tosun, kritisierte, die türkische Regierung habe die lokalen Behörden nicht über ihre Pläne vor Ort informiert.
Mit dem umstrittenen Abkommen will die EU den Zustrom von Flüchtlingen drosseln. Es sieht vor, dass alle Menschen, die seit dem 20. März illegal nach Griechenland übergesetzt sind, von Montag an zwangsweise in die Türkei zurückgebracht werden können. Seit dem Stichtag trafen etwa 5.000 auf den Ostägäis-Inseln ein. Im vergangenen Jahr waren rund 850.000 Menschen von der Türkei aus auf die nahen griechischen Inseln der Ägäis und so auf EU-Territorium übergesetzt.
Ausgenommen von den Abschiebungen sind nur Menschen, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden. Für jeden aus Griechenland abgeschobenen Syrer soll ein Syrer aus der Türkei legal in der EU aufgenommen werden. Diese Regelung gilt zunächst für 72.000 syrische Flüchtlinge, die in der Türkei Zuflucht gesucht haben.
In Hannover werden am Montagvormittag die ersten Syrer erwartet. Voraussichtlich werden 35 Syrer mit zwei Linienmaschinen aus der Türkei in der niedersächsischen Landeshauptstadt eintreffen, vor allem Familien mit Kindern. Sie sollen zunächst in das Erstaufnahmelager Friedland gebracht werden. Dort werden sie nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums zunächst medizinisch untersucht, zudem gibt es Willkommens- und Erstorientierungskurse. Anschließend werden die Menschen niedersächsischen Kommunen zugewiesen.
In vielen EU-Ländern gibt es gegen die Aufnahme von Syrern Widerstände. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin wollen neben Deutschland Anfang der Woche auch die Niederlande, Frankreich, Finnland und voraussichtlich Portugal syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen, und zwar in derselben Größenordnung wie die Bundesrepublik. Genaue Zahlen gibt es nicht. Die EU-Kommission, die bei der Koordinierung eine zentrale Rolle spielt, hat sich dazu bisher nicht geäußert.
Zahl der Flüchtlinge sinkt deutlich
Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber begrüßte den Start des Verfahrens. Dieses sei "ein zentraler Schritt auf dem Weg zu Rückkehr zu Recht und Ordnung beim Migrationsthema in Europa", sagte der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament. Grünen-Chef Cem Özdemir prangerte hingegen offene Punkte des Abkommens an. "Was ist mit der Frage: Wer wird da zurückgeführt? Alte Leute auch, Kranke, Schwangere, kleine Kinder?", sagte Özdemir im Bericht aus Berlin der ARD.
In Deutschland ging die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zuletzt stark zurück. Bundesweit wurden im März rund 20.000 neue Flüchtlinge registriert. Das geht aus dem sogenannten Easy-System von Bund und Ländern hervor, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Im Februar waren es noch 61.428 gewesen, im Januar 91.671.
Die Länder entlang der Balkanroute zeigen nach Auffassung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), wie man seine Grenzen schützen könne: "Deutschland kann sich nicht darauf verlassen, dass unsere Nachbarländer diese Aufgabe schon hinbekommen. Wir müssen zeigen, dass wir dazu selber bereit und in der Lage sind", sagte er der Bild-Zeitung. Es müsse zudem eine verbindliche Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland geben, sagte Dobrindt.
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