Rundfunkbeitrag nicht gezahlt: Erste Deutsche ins Gefängnis gebracht

  04 April 2016    Gelesen: 843
Rundfunkbeitrag nicht gezahlt: Erste Deutsche ins Gefängnis gebracht
Die Eintreiber der Rundfunkgebühr haben erstmals eine deutsche Bürgerin ins Gefängnis gebracht, weil sie sich weigerte, die Zwangsabgabe zu bezahlen. Laut ZDF, ARD und Deutschlandradio sind derzeit 4,5 Millionen Beitragskonten wegen Säumnis im Mahnverfahren oder in der Vollstreckung. Ob es weitere Verhaftungen geben wird, ist unklar.
Die 46-jährige Sieglinde Baumert wurde am 4. Februar 2016 zur Erzwingungshaft ins Frauengefängnis der JVA Chemnitz eingeliefert. Zuvor war die aus Geisa stammende Frau an ihrem Arbeitsplatz verhaftet worden. Der Gerichtsvollzieher hatte sie aufgefordert, eine Vermögensaufstellung zu unterzeichnen. Dem kam sie nicht nach.

Einem Bericht der Welt zufolge, habe Baumert bereits seit 2013 keine Haushaltsabgabe mehr bezahlt. Anfangs sei es um 190 Euro gegangen, die der Beitragsservice eintreiben wollte. Gerichtsvollzieher und Pfändungen hätten sich jedoch lange erfolglos an ihr versucht. „Ich habe nie Einspruch erhoben, Schreiben ignoriert, ich wollte dagegen von der Justiz die Rechtmäßigkeit des Gebühreneinzuges erklärt bekommen. Ich ließ alles auf mich zukommen“, zitiert das Blatt Sieglinde Baumert. Am 4. Februar habe der Gerichtsvollzieher sie dann angetroffen. Gegen 10.30 Uhr sei er mit der Polizei im Metallbetrieb erschienen, in dem sie einen Hilfsarbeiterjob ausübte. Nach der Verhaftung am Arbeitsplatz sei ihr zudem die Kündigung ausgesprochen worden.

„Sieglinde Baumert sagt, sie fühle sich bevormundet, wofür sie ihr Geld ausgebe. Und die erzwungenen Einnahmen würden rausgeschmissen ohne Ende“, schreibt die Zeitung. Sie habe daheim weder Fernseher noch Radio. Ihre Informationsquelle sei das Internet. Das sei „vielseitig und umfassend“, anders als ARD und ZDF. „Mit meiner Unterschrift würde ich die Rechtmäßigkeit der Zwangsgebühren bestätigen. Das will ich nicht. Ich kann nicht verantworten, dass ich diesen Rundfunk mitfinanziere.“

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich hauptsächlich über den Rundfunkbeitrag. Seit 2013 ist er für ARD, ZDF und Deutschlandradio pro Wohnung oder Betriebsstätte fällig. Er hat die Rundfunkgebühr abgelöst, die sich nach der Zahl und Art der Geräte richtete. Hintergrund der Finanzierungsreform war die technische Entwicklung. Im Zeitalter des Internets können Fernseh- und Radiosendungen auch über Computer oder Smartphones verfolgt werden.

Im Jahr 2012 – dem letzten Jahr vor der Reform des Modells – beliefen sich die Beitragszahlungen laut dpa auf etwa 7,5 Milliarden Euro. Seitdem sind die Einnahmen gewachsen. 2014 waren es 8,3 Milliarden Euro. Das liegt daran, dass nach einem Datenabgleich diejenigen Beitragspflichtigen automatisch angemeldet wurden, die noch nicht gezahlt hatten. Derzeit muss ein Haushalt 17,50 Euro im Monat für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen.

ARD, ZDF und Deutschlandradio werden möglicherweise in fünf Jahren wegen zusätzlicher Kosten spürbar teurer. Nach internen Berechnungen könnte der Rundfunkbeitrag ab 2021 auf mehr als 19 Euro im Monat steigen, wenn keine Strukturreformen vorgenommen werden sollten, hieß es kürzlich aus Expertenkreisen laut dpa. Die Berechnung war Thema bei einer Konferenz der Expertenkommission KEF und von Ländervertretern.

Baumert ist mit ihrer Haltung nicht allein. „4,5 Millionen Beitragskonten waren am Stichtag 31.12.2014 in Mahnverfahren oder Vollstreckung“, zitiert die Welt Christian Greuel, Sprecher der Beitragskommunikation von ARD/ZDF/Deutschlandradio. Die Thüringerin muss nach Informationen der Zeitung nach sechs Monaten aus dem Gefängnis entlassen werden. Der nächste Haftantritt sei dann nach zwei Jahren möglich.

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