Der Militärexperte Carlo Masala rechnet nicht mit einem schnellen Ende des Krieges. "Der Krieg wird in sechs Monaten nicht vorbei sein", sagt er im Stern-Podcast "Ukraine – die Lage". Russland zeige "keinerlei Zeichen des Einlenkens". Zudem verfügten beide Parteien nicht über die militärischen Möglichkeiten, der anderen Seite einen schweren Schlag zuzufügen, der den Krieg beenden oder die Bereitschaft zu Friedensverhandlungen deutlich steigern würde.
Der Politikprofessor sieht aber eine "neue Strategie" bei den Ukrainern. Sie hätten in einem begrenzten Maß die "Eskalationsdominanz". Ob Angriffe auf Munitionsdepots oder Anschläge auf der Krim – die Ukrainer würden in jüngster Zeit dort zuschlagen, wo sie es wollten. Für die Russen sei das unberechenbar. "Die Ukrainer wollen Chaos unter den russischen Truppen auslösen", so Masala – und das gelinge auch, aber reiche nicht, um insgesamt das Blatt zu wenden.
In den nächsten Wochen erwartet der Militärexperte starke Auswirkungen durch Wetter und Jahreszeitenwechsel. "Das Terrain wird ab Oktober für beide Seiten kaum noch nutzbar sein." Wenn es regne und schlammig werde, sei es schwierig mit motorisierten Verbänden oder Kettenfahrzeugen jenseits befestigter Wege vorzurücken. Ab Oktober würden deshalb die Aktionen von beiden Seiten stark zurückgehen. Das ändere sich frühestens im November oder Dezember, wenn es friere. Auch deswegen sei klar: "Der Krieg zieht sich ins nächste Jahr."
"Putin sitzt fest im Sattel"
Masala rechnet nicht mit einem baldigen Regimewechsel in Moskau. Präsident Waldimir Putin sitze "fest im Sattel" und habe seine gesamte Entourage unter Kontrolle. "Sollte er nicht eines natürlichen Todes versterben, spricht meines Erachtens wenig dafür, dass er in einem halben Jahr nicht weiterhin Präsident der Russischen Föderation sein wird."
Das Problem ist laut Masala nicht alleine Putin, auch wenn dieser der sichtbarste Ausdruck sei. Das Problem sei vielmehr das Regime. "Wenn Putin einem Anschlag zum Opfer fallen würde, würde er ja ausgetauscht werden durch jemanden. Und da kann es ja durchaus sein, dass derjenige, der sozusagen dann an die Macht kommt, weitaus radikaler ist als Putin."
Quelle: ntv.de, ghö
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