UN-Generalsekretär fordert Sicherheitszone

  07 September 2022    Gelesen: 470
 UN-Generalsekretär fordert Sicherheitszone

Die Situation am größten AKW Europas ist "unhaltbar", wie die Internationale Atomenergiebehörde feststellt. UN-Generalsekretär Guterres fordert daher ein Ende der "militärischen Aktivitäten". Und Deutschland macht vorm UN-Sicherheitsrat klar, wie es überhaupt so weit kommen konnte.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat Russland und die Ukraine dazu aufgerufen, eine demilitarisierte Zone um das besetzte Atomkraftwerk Saporischschja zu ziehen. "Russische und ukrainische Streitkräfte müssen sich verpflichten, keine militärischen Aktivitäten in Richtung des Werksgeländes oder vom Werksgelände aus durchzuführen", sagte Guterres vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.

Die Anlage in Saporischschja und ihre Umgebung dürften kein Ziel oder Plattform für militärische Operationen sein, es müsse eine Einigung über eine entmilitarisierte Zone geben. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte zuvor bereits die Einrichtung einer Sicherheitszone um das größte Kernkraftwerk Europas gefordert.

Deutschland gab indes Russland vor dem Weltsicherheitsrat die Verantwortung für die gefährliche Lage um das Atomkraftwerk. "Es ist Russland, das das Kraftwerk militarisiert. Es ist Russland, das Ausrüstung und Truppen auf dem Gelände stationiert", sagte der stellvertretende deutsche UN-Botschafter Thomas Zahneisen vor dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen in New York. Das AKW sei wegen der russischen Besetzung des Geländes gefährdet.

IAEA warnt vor "nuklearem Unfall" in Saporischschja

Angesichts anhaltender kriegerischer Auseinandersetzungen am Atomkraftwerk Saporischschja hatte die IAEA zuvor schnelle Maßnahmen gegen die "unhaltbare" Situation vor Ort gefordert. In einem Bericht zur Lage rund um das größte Atomkraftwerk Europas warnte die IAEA vor einem "nuklearen Unfall" und forderte die Einrichtung einer "Sicherheitszone".

Das am Dienstag veröffentlichte 52-seitige IAEA-Papier folgte auf eine Mission der Behörde in dem Kraftwerk. Die "Bombardements der Anlage und der Umgebung" müssten "unverzüglich eingestellt werden", um erneute Schäden zu vermeiden, heißt es in dem IAEA-Bericht. Die Organisation schrieb zudem von "extrem stressigen Bedingungen", unter denen das ukrainische AKW-Personal arbeite, das unter der Kontrolle russischer Soldaten steht.

Zudem seien "dringend" Übergangsmaßnahmen nötig, um einen "nuklearen Unfall" zu verhindern, der durch "mit militärischen Mitteln verursachte Schäden" ausgelöst werden könnte, erklärte die IAEA. Dies könne über die "sofortige Einrichtung einer nuklearen Sicherheitszone" erreicht werden.

Selenskyj lobt IAEA-Bericht

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte den IAEA-Bericht. Es sei "eine gute Sache", dass der Bericht russisches Militärgerät auf dem Gelände und den "Druck auf unsere Angestellten" erwähne, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja drückte hingegen sein Bedauern darüber aus, dass die Ukraine im Bericht nicht für die Angriffe verantwortlich gemacht worden sei. Es sei "sehr wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen", sagte Nebensja bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats, bei der auch IAEA-Chef Rafael Grossi zugeschaltet war.

Kiew und Moskau warfen sich indes erneut gegenseitig vor, die nahe dem AKW gelegene südukrainische Stadt Enerhodar bombardiert zu haben. Es gebe "Explosionen in der Stadt", die Provokationen und der "Beschuss der Besatzer" gehe weiter, schrieb der im Exil befindliche Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, auf Online-Netzwerken.

Russland hatte der Ukraine zuvor vorgeworfen, sowohl die Stadt als auch das Kraftwerksgelände beschossen zu haben. Innerhalb von 24 Stunden hätten ukrainische Streitkräfte das AKW und Enerhodar 15 Mal mit Artillerie beschossen, schrieb das russische Verteidigungsministerium bei Telegram. Moskau beschuldigte Kiew, "die Gefahr einer von Menschen verursachten Katastrophe heraufzubeschwören".

Angst vor neuem Tschernobyl

Das Gelände des Atomkraftwerks Saporischschja war in den vergangenen Wochen immer wieder beschossen worden. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für die Angriffe verantwortlich. Saporischschja ist das größte Atomkraftwerk Europas. Die Kämpfe rund um das AKW schüren die Angst vor einer Nuklearkatastrophe wie 1986 in Tschernobyl.

Erst am Montag war dem staatlichen ukrainischen Betreiber Energoatom zufolge im AKW Saporischschja der letzte noch arbeitende Reaktor vom Netz genommen worden. Grund soll ein durch Angriffe ausgelöstes Feuer sein, das eine Stromleitung zwischen dem Kraftwerk und dem ukrainischen Stromnetz beschädigt habe.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa/rts


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