Abschiebungen in der Ostägäis: Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei stockt

  06 April 2016    Gelesen: 911
Abschiebungen in der Ostägäis: Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei stockt
Kaum begonnen, hakt es bei der Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei. An den Häfen auf den griechischen Inseln ist es ruhig. Migranten sind nicht mehr auffindbar oder haben einen Asylantrag gestellt.
220 Migranten und Flüchtlinge sind am Montag von Griechenland in die Türkei gebracht worden - wie schlecht die weiteren geplanten Rückführungen organisiert sind, zeigt sich aber schon einen Tag später: An diesem Dienstag soll von Lesbos aus kein Flüchtling in die Türkei gebracht werden. SPIEGEL ONLINE-Reporter berichten von Lesbos, dass die Lage an den Häfen ruhig sei. Auch die Behörden haben bestätigt, dass an diesem Tag von der Insel aus keine Rückführungen starten sollen. Anders als geplant, werden wohl auch von der Insel Chios aus keine Boote mit Migranten in Richtung Türkei ablegen.

Offenbar gibt es Probleme, weil ein Großteil der Migranten und Flüchtlinge, die für die Rückbringung ausgewählt wurden, inzwischen einen Asylantrag gestellt hat und diese erst geprüft werden müssten - oder weil die Migranten, die auf den Abschiebelisten stehen, nicht mehr auffindbar sind.

Die Regionalgouverneurin der Inseln im Norden der Ägäis, Christiana Kalogirou, sagte im Staatsfernsehen ERT: Zuvor hätten die Menschen meist nur nach Mitteleuropa weiterreisen wollen und auf Asylanträge verzichtet. Nun werde es mehrere Tage dauern, bis die Asylanträge im Schnellverfahren bearbeitet seien, sagte Kalogirou. Erst dann könnten Menschen, deren Anträge abgelehnt wurden, in die Türkei ausgewiesen werden. Zudem fehlten weiterhin Asylentscheider, hieß es.

Flüchtlinge sollen zur Rückkehr in Hotspots bewegt werden

Ähnlich äußert sich laut Bericht der Zeitung "Politis" ein Polizeibeamter auf Chios. Es sei eine Liste von 250 Personen zusammengestellt worden, die von Montag bis Mittwoch von der Insel in die Türkei gebracht werden sollten. Viele dieser Migranten hielten sich nicht mehr in den Hotspots auf oder hätten einen Asylantrag gestellt - das sei der Grund dafür, dass Frontex die Schifffahrten mit Flüchtlingen in die Türkei aufgeschoben habe.

Am Dienstagmittag soll es ein Krisentreffen der Behörden mit Nichtregierungsorganisationen geben. Ziel ist es, die Migranten dazu zu bewegen, in die Hotspots zurückzukehren. Ein Reporter von "Politis" formuliert es so: "Sie können ja nicht einfach jeden, der in einem Schlafsack liegt, fragen, ob er auf der Liste ist."

Die Polizei auf Chios dementierte aber einen Bericht, wonach die Flüchtlinge regelrecht untergetaucht seien und sich vor den Behörden versteckten.

Die 202 Migranten, die am Montag im Rahmen des EU-Türkei-Flüchtlingspakts von den beiden griechischen Ostägäisinseln in die Türkei gebracht worden waren, hatten nach griechischen Regierungsangaben keinen Asylantrag gestellt. Auch bei der Auswahl der Rückkehrer vom Montag hatte es Probleme gegeben - trotzdem war die Aktion friedlich abgelaufen.

Griechische Regierung will Flüchtlingslager räumen

Die Rückführungen am Montag sollten zeigen, dass der von Kanzlerin Angela Merkel vorangetriebene und von der EU beschlossene Deal mit dem türkischen Präsidenten mit Entschiedenheit beginnt. In der Theorie geht der Plan so: Für jeden aus Griechenland abgeschobenen Flüchtling soll ein anderer von der Türkei nach Europa verteilt werden - bis die Zahl 72.000 erreicht ist.

Aber die Aktion war von vornherein hastig und schlecht vorbereitet auf griechischer und türkischer Seite. Von den 4000 angekündigten EU-Beamten ist gerade mal ein Bruchteil auf der Insel.

Auf dem Festland will die griechische Regierung hart gegen Flüchtlinge, die am Hafen von Piräus und bei Idomeni an der Grenze zu Mazedonien campieren, vorgehen. Die beiden großen improvisierten Flüchtlingslager sollen bis zum Wochenende geräumt werden. Die Migranten würden in arabischer Sprache aufgefordert, mit bereitgestellten Bussen in die offiziellen Auffanglager zu fahren, meldete das Staatsfernsehen.

Im Überseehafen Piräus leben 5000, in Idomeni 12.000 Migranten. Bisher sind nur wenige bereit, sich innerhalb Griechenlands umsiedeln zu lassen. Aktivisten und Helfer kleinerer Hilfsorganisationen bestärken sie darin. Als Grund nennen einige Aktivisten, nur wenn die Migranten zusammen blieben und die Welt ihr Elend sehe, könnten sie nach Mitteleuropa weiterreisen.

Quelle : spiegel.de

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