US-Verteidigungsminister: „Russland begeht fundamentale Fehler“

  09 Oktober 2015    Gelesen: 688
US-Verteidigungsminister: „Russland begeht fundamentale Fehler“
[Von Thomas Pany] –Die Erfolge der russischen Luftwaffe in Syrien verärgern die USA. Die Einrichtung einer Flugverbotszone scheint nun außerhalb ihrer Möglichkeiten
Das Verhältnis zwischen den US-amerikanischem Verteidigungsministerium und dem russischen wird distanzierter, beobachtet die New York Times. Aufgehängt wird die Beobachtung an einem "semantischen Downgrade" bei den amerikanisch-russischen Gesprächen.

Interessant, und irgendwie symptomatisch für den Konflikt, ist dazu die Feststellung, die später im Artikel erscheint: Dass nämlich die Gespräche noch gar nicht stattgefunden haben. Der US-Verteidigungsminister wolle nicht mehr von "Deconfliction" oder Zusammenarbeit reden, heißt es dazu. Es gehe nur mehr um "grundlegende technische Diskussionen über Sicherheitsprozeduren für unsere Piloten im syrischen Luftraum".

Nüchtern könnte man ja konstatieren, dass eine Diskussion über "technische Details" genau das war, was der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, gestern angekündigt hatte - für Gespräche zwischen Vertretern der beiden Verteidigungsministerien, die auch gestern hätten stattfinden sollen.

Indessen dreht aber ein neuer Zwischenfall am Mittwoch im syrischen Luftraum die Nachrichtenrunde: "Mindestens ein Flugzeug" der von den USA angeführten internationalen Anti-IS-Koalition sei umgeleitet worden, um zu verhindern, dass sich das Flugzeug zu sehr einem russischen Kampfflieger nähere, berichtet die Tageschau heute, mit Verweis auf einen Pentagon-Sprecher.

"Keine Grundlage zur Zusammenarbeit"

So wird der Konflikt wieder mehr über Medien als Informationskrieg denn über direkte Kommunikation ausgetragen. Das Begleitsignal dazu heißt: Russlands Luftwaffe gebärdet sich aggressiv, gefährdet US-Piloten und deren Anti-IS-Mission, kurz, der russische Einsatz ist brandgefährlich.

Das fügt sich im größeren Bild der Einschätzung des US-Verteidigungsministers Ash Carter, der die russischen Luftangriffe als "fundamentalen Fehler" bezeichnet. Seine Kritik: "They continue to hit targets that are not ISIL". Damit gebe es keine Grundlage zur Zusammenarbeit.

Dass die russische Militäroperation gefährlich ist, ist nicht zu leugnen. Die Flugmanöver an der türkisch-syrischen Grenze sind eine Provokation für die Nato, die dort mit scharfen Tönen und mit dem Reden vom Nato-Ernstfall beantwortet wird (vgl. Nato ready to deploy forces to defend Turkey `against any threats`). Doch liegt dem zugrunde, dass die Türkei ihren Schutz-Luftraum einseitig - ohne Absprache mit der syrischen Regierung - über syrisches Gebiet ausgedehnt hat

Das muss Russland, das als Schutzmacht Syriens auftritt, auf eine entsprechende Einladung der syrischen Regierung hin, also offiziell, im Rahmen des Völkerrechts, als willkürliche Maßnahme seitens der Türkei nicht beherzigen.

Ordungsideen der arabisch-türkisch-westlichen Koalition verlieren an Gewicht

Der Kern der neuerlichen Eskalation liegt in der Dominanz der russischen Luftwaffe in Syrien, die ihre Präsenz deutlich zeigt und das Hoheitsgebiet Syriens genau abgrenzt. Eine Flugverbotszone in Syrien, wie sie sich Erdogan wünscht, ist damit als "Ordnungsidee" passé. Das sorgt allein schon für Verärgerung, Pläne wurden durchkreuzt. Im Pentagon herrscht darüber Frust, wie die Washington Post berichtet. Der Druck von Teilen der Regierung auf Obama wachse.

Innerhalb der Regierung und viele Experten außerhalb äußern die wachsende Besorgnis darüber, dass den USA eine schwere Beschädigung ihres Rufes, ihrer Außenpolitik und ihrer Anti-Terror-Zielen bevorsteht, sollte Präsident Obama keine entscheidende Aktion unternehmen, zum Beispiel rasch den Luftraum über den Nordwesten Syriens und der türkischen Grenze, wo die russischen Kampflieger operieren, zu beanspruchen.
Aber das ginge nur mit einem UN-Beschluss. Dagegen steht Russland und auch China, von dem es berichtet wird, dass es erwäge, sich der geheimdienstlichen Zusammenarbeit zwischen Irak, Iran, Russland und Syrien anzuschließen. Das Ordnungskräfte-Parallelogramm im Nahen Osten verändert sich durch den russischen Militäreinsatz zuungunsten der USA. Das ist der Kern der amerikanischen Verärgerung. Interessant wäre, was sich die USA denn eigentlich politisch als Lösung des Konflikts vorgestellt haben, dass moderate Kräfte die Macht in Damaskus übernehmen?

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