"Ja", versichert Richter lächelnd, "der Mann hatte das damals ernst gemeint. Er wollte halt helfen." Solche kuriosen Anekdoten aus ihrem Polizistenleben hat die Hildenerin mit einem Kollegen im Buch "110 Gründe, Polizist zu sein" gesammelt. Denn zwischen schnödem Papierkram und Verfolgungsjagden, erleben die Beamten immer wieder Merkwürdiges und Erheiterndes.
Eine gute Mixtur, meint Richter. Auch die mache Polizist zum schönsten Beruf der Welt. "Ich wüsste auch wirklich nicht, was ich sonst machen sollte." Schon seit einem Schülerpraktikum war sich die 27-Jährige sicher: Die blaue Uniform sollte später ihre Arbeitskleidung werden.
Dabei hat die Uniform durchaus ihre Tücken: Im Buch erzählen die Autoren, von einem jungen Kollegen, der wegen Ruhestörung mit zu einer Party gerufen wird. Kaum hat er den Raum betreten, gehen ihm die Damen dort an die Wäsche. Sie sind fest davon überzeugt, der gut gebaute junge Mann in Uniform sei das Unterhaltungsprogramm.
Der "Blaumann" flößt nicht immer Respekt ein, das weiß auch Richter, gibt aber Entwarnung: "Nur weil ich mit der Uniform aus dem Auto steige, werde ich noch nicht für eine Stripperin gehalten." An Karneval müssten Kollegen in Dienstkleidung allerdings einiges über sich ergehen lassen.
Jeder Grund wird mit einer Geschichte serviert
Auch davon ist im Buch zu lesen. Auf die einzelnen Begründungen folgen nämlich meist Anekdoten. Und die erheitern auch Routiniers: "Manchmal denkt man sich ,Das ist das Lustigste, das ich je erlebt habe`", sagt Richter über ihre Erlebnisse. "Dann wird es am nächsten Tag getoppt." Als Beleg verweist sie auf die Story eines Mieters, der sich bedroht fühlt und die Polizei alarmiert.
Vor Ort erklärt der Mann den Beamten, dass seine Nachbarn von einem anderen Stern kämen und Strahlungen in seine Wohnung sendeten. Kurzerhand nutzen die Polizisten ihre technischen Geräte, um die Räume zu "entstrahlen". Richter schmunzelt, wenn sie die Geschichte erzählt und drückt sich diplomatisch aus: "Man lernt viele sehr unterschiedliche Menschen kennen."
Mit ihrem Konzept bedienen Richter und ihr Co-Autor Henry Haack einen beständigen Trend: Bücher, die Hunderte Gründe für etwas Bestimmtes aufzählen, füllen inzwischen Regalreihen. Gerade der Verlag, in dem Richters Paperback erscheint, ist auf das "Genre" mit Titeln wie "112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben" oder "111 Gründe, ihr Kind auf den Mond zu schießen" abonniert.
Das Thema Polizei läuft nicht nur bei Krimis gut: 2015 hat die griechischstämmige Polizistin Tania Kambouri aus Bochum Aufsehen erregt. Sie beschreibt in ihrem Buch den schwierigen Alltag als Streifenpolizistin im Umgang mit straffälligen Minderheiten. Richters Buch schließt sich in Ton und Inhalt allerdings eher "Bei Totschlag drücken Sie die #-Taste" an, das schon 2011 Kurioses aus einer Polizeinotrufzentrale in NRW bot.
Der Heiterkeit der Lektüre zum Trotz sei Polizeiarbeit eine ernste Angelegenheit, betont Kommissarin Richter. "Wir wissen, wie gefährlich der Job ist und dass wir Entscheidungen treffen, die nicht leicht sind. Man muss mit allem rechnen."
Und mit allem heißt wirklich mit allem: Etwa mit einer besorgten Bürgerin, die den Mond als gestohlen meldet. Bei solch einer Geschichte muss Richter lachen und gleichzeitig seufzen: "Man muss die Leute und ihre Anliegen ja trotzdem ernst nehmen als Polizist, da darf man in dem Moment nicht laut loslachen. Aber man fragt sich schon: Darf das jetzt wahr sein?"
110 Gründe, Polizist zu sein: Eine Hommage an den schönsten Beruf der Welt, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 280 Seiten. Hier geht es zum Blog der beiden Polizisten.
Quelle : welt.de
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