Extremisten nutzen Kaserne für Ausbildung

  12 April 2016    Gelesen: 698
Extremisten nutzen Kaserne für Ausbildung
Erst lernen sie bei der Bundeswehr kämpfen, dann gehen Ex-Soldaten als Extremisten nach Syrien und in den Irak. Der Militärische Abschirmdienst zählt Dutzende solcher Fälle. Das Verteidigungsministerium will nun das Soldatengesetz ändern.
Mindestens 29 ehemalige Bundeswehrsoldaten sind in den vergangenen Jahren nach Syrien und in den Irak ausgereist. Einige davon sollen sich nach unbestätigten Hinweisen der deutschen Sicherheitsbehörden der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben.

Die Bundeswehr selbst hat 22 aktive Soldaten seit 2007 als Islamisten eingestuft und 17 davon entlassen. Die restlichen fünf hatten das Ende ihrer Dienstzeit ohnehin erreicht. Das geht aus einer aktuellen Aufstellung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) hervor. Derzeit befasst sich der MAD noch mit 65 Fällen aktiver Soldaten, bei denen der Verdacht islamistischer Bestrebungen besteht. Dabei handelt es sich größtenteils um freiwillig längerdienende Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere mit kurzen Verpflichtungszeiten.

Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels ist besorgt über die Entwicklung: "Islamismus ist nicht das Hauptproblem der Bundeswehr - Stand heute. Trotzdem: Er stellt eine reale Gefahr dar, die man ernst nehmen muss", sagte der SPD-Politiker. Das Verteidigungsministerium will als Konsequenz aus einer wachsenden Bedrohung durch Extremisten künftig jeden Soldaten vor der Einstellung durch den Geheimdienst MAD auf verfassungsfeindliche Bestrebungen überprüfen lassen.

Kein Sicherheitscheck für Soldaten an Kriegswaffen

Ein erster Entwurf für eine entsprechende Änderung des Soldatengesetzes soll den anderen Ressorts noch in diesem Monat vorgelegt werden. Bisher werden Soldaten erst während ihrer Dienstzeit und nur dann überprüft, wenn sie in sogenannte sicherheitsempfindliche Bereiche versetzt werden - also beispielsweise Geheimakten einsehen können. Bei Soldaten, die mit Kriegswaffen zu tun haben, gibt es keinen systematischen Sicherheitscheck.

Der bundeswehreigene Geheimdienst MAD ist seit 2007 insgesamt 320 Islamismus-Verdachtsfällen nachgegangen. Sieben Prozent wurden schließlich als Extremisten eingestuft. Von den 17 gefeuerten Soldaten klagten zwei gegen ihre Entlassung. Beide scheiterten vor Gericht.

Vor einem Jahr veröffentlichte die Bundeswehr erstmals Zahlen zu enttarnten Islamisten. Seitdem sind vier neue Fälle hinzugekommen. Auch die Zahl der in die Krisenländer Syrien und Irak ausgereisten Ex-Soldaten ist um vier gestiegen.

IS-Rekruten sollen an der Waffe ausgebildet werden

Der Militärische Abschirmdienst befürchtet, dass der IS deutsche Kasernen als Ausbildungscamps nutzt. Die islamistische Propaganda ruft nach Angaben des Verteidigungsministeriums mögliche Rekruten in Europa dazu auf, sich vor der Ausreise nach Syrien und in den Irak an Waffen ausbilden zu lassen.

"Sicher ist, dass die Bundeswehr wie andere Streitkräfte auch attraktiv sein kann für Islamisten, die eine Waffenausbildung haben wollen", sagte Bartels. Er fügte aber hinzu: "Bisher gibt es meines Wissens keine systematischen Bestrebungen islamistischer Organisationen, die Bundeswehr zu infiltrieren." Die geplante Gesetzesänderung unterstützt der Wehrbeauftragte: "Es ist nicht wirklich einzusehen, dass für Soldaten, die mit geheimen Dokumenten zu tun haben, andere Regeln gelten als für die Kameraden, die mit Kriegswaffen hantieren. Da sollten die gleichen Anforderungen für alle Soldaten gelten."

Die Linke unterstützt ebenfalls einen harten Kurs, um Islamisten aus der Bundeswehr rauszuhalten: "Jeder durch die Bundeswehr militärisch ausgebildeter Islamist stellt eine reale Gefahr für die innere und internationale Sicherheit dar", sagte Verteidigungsexperte Alexander Neu. "Die Linke erwartet von der Bundesregierung eine harte und konsequente Ahndung sämtlicher extremistischer Personen in der Bundeswehr, ungeachtet, ob rechtsextremistische oder islamistische Kräfte."

Tags:


Newsticker