Zu wem ein duales Studium passt – und zu wem nicht

  12 April 2016    Gelesen: 393
Zu wem ein duales Studium passt – und zu wem nicht
Nach dem Abitur stehen viele vor der Wahl: Studium oder Ausbildung im Betrieb? Entscheidet man sich für ein duales Studium, ist beides in nur drei Jahren möglich. Doch das hat seinen Preis.
Das Modell gibt es schon länger: ein Hochschulstudium, verbunden mit einer Ausbildung oder festen Praxisanteilen. Neu ist die Vielfalt der dualen Studiengänge, von Betriebswirtschaft über Brau- und Getränketechnik bis hin zum Gartenbau. Wer sich darauf einlässt, kann sich wissenschaftlich bilden und gleichzeitig praktische Erfahrung in einem Betrieb sammeln. Doch für wen ist ein duales Studium das Richtige? Und was muss man bei der Wahl beachten?

"Der Vorteil am dualen Studium ist die starke Praxisorientierung", sagt Kim-Maureen Wiesner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Grundsätzlich gibt es zwei Modelle. Bei ausbildungsintegrierenden Studiengängen absolviert man parallel zum Studium eine Ausbildung. Am Ende gibt es zwei Abschlüsse, sowohl das Bachelor- als auch ein Ausbildungszeugnis.

Praxisintegrierende Studiengänge schließen dagegen nur mit dem Bachelor ab. Hier wird der Stundenplan durch Praxisphasen ergänzt. "Rechtlich ist das einfach ein Studium mit Praxis", erklärt Eckart Severing vom Forschungsinstitut betriebliche Bildung in Nürnberg. Inzwischen ist die Mehrheit der dualen Studiengänge so aufgebaut.

Hoher Zeit- und Lerndruck

Wichtiger Unterschied: Beim ausbildungsintegrierenden Modell gelten die Standards einer Ausbildung. "Der Studierende ist in erster Linie Betriebsangehöriger", erklärt Thomas Notter, Berater für akademische Berufe bei der Arbeitsagentur in Freiburg. Ausbildungsinhalte und -dauer sind damit klar geregelt. Was Studierende in den Praxisphasen der praxisintegrierenden Studiengänge lernen, hängt dagegen von der Vereinbarung zwischen Hochschule und Betrieb ab. Daraus können sich Qualitätsunterschiede ergeben, erläutert Severing, der zum Thema duales Studium forscht. Auch die Dauer der Praxisphasen ist nicht festgelegt. Sie sollten laut einer Empfehlung des Wissenschaftsrats etwa bei einem Drittel liegen.

Bei der Studienwahl sollten Bewerber deshalb genau hinsehen. Denn vorgeschrieben ist nur die Verzahnung zwischen betrieblichem und universitärem Curriculum, erklärt Wiesner. Wie diese genau aussieht, ist von Studiengang zu Studiengang verschieden. Informationen gibt es bei den Arbeitsagenturen und der Studienberatung. Auf deren Internetseiten finden sich auch Listen mit Betrieben, die die duale Ausbildung anbieten. Berufsberater Notte ermutigt angehende Studenten auch, direkt bei den Betrieben nachzufragen. "Ich empfehle jungen Leuten, sich möglichst breit zu bewerben", sagt er.

Denn die Konkurrenz ist groß. "Es sind die Besten der Besten, die dual studieren", so formuliert es Wiesner. Ein sehr guter Abiturschnitt ist oft Voraussetzung, um in die Erstauswahl zu kommen, dann folgen oft die Assessment-Center der Betriebe. Das hat einen Grund. "Man muss motiviert und leistungsfähig sein", erklärt Forscher Severing. Der Zeit- und Lerndruck sei hoch. "Der Stoff muss weitergegeben werden, auch wenn man nur die Hälfte der Zeit hat", gibt auch Berufsberater Notte zu bedenken – in der Uni genauso wie im Betrieb. Ein Kritikpunkt, der nicht nur den Leistungsdruck betrifft. "Man muss sich fragen, wie nachhaltig das ist", ergänzt Wiesner.

Master im Anschluss ist nicht immer möglich

Der straffe Zeitplan ist aber auch einer der Vorteile des dualen Modells. Ausbildung und Studium sind hier in drei Jahren zu schaffen. Wer beides einzeln macht, braucht schnell doppelt so lange. Auch der frühe Bezug zum Betrieb sei ein Vorteil, für beide Seiten, betont Severing. Die Übernahmechancen sind so höher, und der Betrieb kann die Studenten direkt auf die eigenen Bedürfnisse hin ausbilden. "Das duale Studium ist ein bisschen verschulter als andere Studiengänge", ergänzt Notte. Die "Klassen" seien kleiner, der Stundenplan klar strukturiert.

Das muss einem allerdings auch liegen. Die enge Verzahnung beider Bereiche erhöht nicht nur den Leistungsdruck – man muss sich auch früh festlegen. "Man lernt sehr stark im Betriebskontext", hält Severing fest. Außerdem gibt es inzwischen für viele, aber nicht für alle Fachrichtungen ein duales Programm. In den Geisteswissenschaften wird es häufig schwer, ein entsprechendes Angebot zu finden.

Wer nach dem dualen Studium noch einen Master machen will, guckt unter Umständen ebenfalls in die Röhre: Für manchen konsekutiven Masterstudiengang sind Voraussetzungen nötig, die ein duales Studium nicht erfüllt. Wer sich noch nicht sicher ist, ob er nicht doch in die Wissenschaft möchte, ist mit einem regulären Studium also unter Umständen besser bedient. Diejenigen, die Wert auf einen hohen Praxisanteil legen und leistungsbereit sind, werden an einem dualen Studiengang jedoch Gefallen finden. Und immerhin gibt es für den praktischen Teil der Ausbildung auch noch Geld.

Quelle : welt.de

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