Razzia in Berliner Großbordell: Ermittler sprechen von systematischer Ausbeutung

  14 April 2016    Gelesen: 583
Razzia in Berliner Großbordell: Ermittler sprechen von systematischer Ausbeutung
900 Einsatzkräfte haben Berlins größtes Bordell durchsucht. Laut Staatsanwaltschaft gibt es direkte Verbindungen zur Rockerbande Hells Angels. Die Ermittler fühlen sich an Gangsterboss Al Capone erinnert.
Nach der Razzia in Berlins größtem Bordell "Artemis" hat die Staatsanwaltschaft Details zu den Vorwürfen genannt - und von organisierter Kriminalität gesprochen. Es gehe um Hinterziehung von Sozialabgaben, Ausbeutung und Gewaltanwendung, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Behm. Einer der Vorwürfe sei zudem Menschenhandel.

Im Mittelpunkt stünden nicht nur Bagatelldelikte, sondern Taten, die das "System des illegalen Umfeldes" bestätigten. Die Frauen seien "in Abhängigkeit gehalten und ausgebeutet" worden. Der Betrieb basiere auf organisierter Kriminalität.
Behm zog einen Vergleich mit dem Mafia-Gangster Al Capone im Chicago der Zwanzigerjahre. Er war wegen Steuerhinterziehung angeklagt worden, obwohl sich die eigentlichen Verbrechen auf einer viel massiveren Ebene abgespielt hatten.

"Sicher nicht gewaltfrei"

Den Ermittlern zufolge gibt es auch direkte Verbindungen zwischen dem "Artemis" und der kriminellen Rockerbande Hells Angels. Prostituierte hätte für Mitglieder der Hells Angels gearbeitet. Diese Kontakte seien "sicher nicht gewaltfrei" abgelaufen, sagte Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra. Eine Frau sei "so malträtiert" worden, dass sie keinen Ausweg mehr gesehen habe, als sich an die Polizei zu wenden.

Die Frauen hätten nicht selbstständig gearbeitet, sondern seien abhängig beschäftigt gewesen, so die Ermittler. 17,5 Millionen Euro Schaden sei so unter anderem durch die Hinterziehung von Steuern und Sozialleistungen entstanden, teilte der Zoll mit.
Laut Staatsanwaltschaft und Polizei wurden am Mittwochabend sechs "Verantwortliche der Bordellgesellschaft `Artemis`" verhaftet und Vermögen im Wert von 6,4 Millionen Euro beschlagnahmt. 96 Prostituierte wurden seitdem befragt. Insgesamt habe die Polizei bei der Razzia 232 Menschen angetroffen. 900 Polizisten, Zoll-Beamte und Staatsanwälte waren am Mittwochabend und in der Nacht zu Donnerstag im Einsatz.

Das "Artemis" hatte 2005 eröffnet, in einem mehrgeschossigen früheren Lagerhaus im Westen Berlins an der Stadtautobahn nahe dem Messegelände. Der Betrieb mit Saunen und Swimmingpool wirbt offensiv in der Öffentlichkeit. Reklame gab es unter anderem auf Taxis und auch einige Jahre lang auf den Bussen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Das Unternehmen argumentierte damals: "Die Verkehrsbetriebe sind nicht die Sittenwächterin." 2013 beendete die BVG aber diese Werbung.

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