Steinmeier kontert Kritik aus Polen

  20 April 2016    Gelesen: 747
Steinmeier kontert Kritik aus Polen
25 Jahre deutsch-polnische Beziehungen sind eigentlich ein Grund zum Feiern. Doch statt eines Festakts zum Nachbarschaftsvertrag bemüht sich Warschau um Schadensbegrenzung nach Äußerungen von Ex-Ministerpräsident Kaczynski.
Im deutsch-polnischen Verhältnis nehmen die Misstöne kein Ende. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies polnische Vorwürfe zum Zustand der deutschen Demokratie zurück. Bei einem Besuch in Warschau sagte Steinmeier, für die Behauptung, im Bundestag herrsche eine Diktatur, gebe es "keine Grundlage".

Er reagierte damit auf eine Interviewäußerung des polnischen Ex-Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski. Der Vorsitzende der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) hatte gesagt, in Deutschland sei die Demokratie "liquidiert" worden. Als Beispiel nannte er den Bundestag, wo "die Abgeordneten ohne Zustimmung der Vorgesetzten gar nichts machen können". Polen steht wegen neuer Gesetze für das Verfassungsgericht und die Medien selbst in der Kritik.

Schadensbegrenzung vom Amtskollegen

Steinmeiers polnischer Amtskollege Witold Waszczykowski bemühte sich nach dem Treffen mit Steinmeier, die Bemerkungen Kaczynskis herunterzuspielen. Es habe sich um eine persönliche Meinungsäußerung des Parteivorsitzenden gehandelt. Kaczynski gilt als der starke Mann in Polen, auch wenn er in der nationalkonservativen Regierung kein Ministeramt hat.

Seit dem Amtsantritt der neuen nationalkonservativen Regierung gab es mehrfach Misstöne zwischen Warschau und Berlin. Polen klagte wiederholt über angebliche Einmischung der EU-Partner in seine inneren Angelegenheiten. Angesichts der umstrittenen Gesetzesreformen der Warschauer Regierung hob Steinmeier auf dem deutsch-polnischen Forum die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung hervor. Bei seiner Würdigung des 25. Jahrestages des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags betonte er vor allem die Bedeutung der zwischenmenschlichen Begegnungen. Wörtlich sagte der SPD-Politiker: "Regierungen kommen und Regierungen gehen."

"Große Fallhöhe" der Beziehungen

Deutschland und Polen seien in einer "Verantwortungsgemeinschaft" miteinander verbunden, sagte Steinmeier. Er warnte, die deutsch-polnischen Beziehungen hätten zwar einen hohen Stand erreicht, dadurch aber auch eine "größere Fallhöhe". Steinmeier sagte, der 25. Jahrestag biete Grund zum Feiern, falle aber auch in "äußerst bedrohliche Zeiten". Als Beispiele nannte er den Ukraine-Konflikt, die Flüchtlingskrise und die Serie von islamistischen Anschlägen.

Der Jahrestag sei deshalb auch eine "Reifeprüfung" für die deutsch-polnische Freundschaft. "In politisch schwierigen Zeiten kommt es auf den Draht zwischen den Menschen an." Der Nachbarschaftsvertrag wurde nach der deutschen Wiedervereinigung 1991 geschlossen. Im Juni soll es dazu in Berlin gemeinsame Regierungskonsultationen geben.

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