Verschenken statt vererben: Warum das Sozialamt zum Risiko wird

  12 Oktober 2015    Gelesen: 711
Verschenken statt vererben: Warum das Sozialamt zum Risiko wird
Um die Erbschaftssteuer zu sparen entscheiden sich Eltern oft dazu, ihr Haus schon zu Lebzeiten ihren Kindern zu schenken. Doch in vielen Fällen machen sie die Rechnung ohne das Sozialamt. Das kann gefährlich werden.
Der Ausgangspunkt des Problems liegt darin, dass grundsätzlich jeder Schenker gemäß § 528 BGB die Rückgabe des Geschenks – hier also des Grundstücks oder der Eigentumswohnung – verlangen kann, wenn er nicht mehr genug Geld zum Leben hat. Dazu zählt auch die Finanzierung im Pflegefall.

Sozialgesetzbuch ermöglicht „Sozialhilferegress“

Dabei darf man nicht denken, dass dieser Fall schon nicht eintreten werde und selbst wenn, dass die Eltern einem das geschenkte Haus schon nicht wieder wegnehmen werden. Angenommen, der im Alter bedürftige Schenker bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (Pflegeleistungen o.ä.), dann kann der Sozialleistungsträger zum Ausgleich für von ihm gewährte Zahlungen Ansprüche des Schenkers auf sich überleiten, sog. „Sozialhilferegress“ gemäß § 93 SGB XII. Auch der Rückforderungsanspruch gemäß § 528 BGB ist ein solcher überleitungsfähiger Anspruch.

Dieser Rückforderungsanspruch besteht allerdings auch nicht unbegrenzt, sondern gemäß § 529 BGB nur für die Dauer von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Schenkung. Die Frage ist nun, ob man sich nach Ablauf der Frist tatsächlich keine Sorgen mehr machen muss. Hierüber bestand einige Zeit Unsicherheit. Der Grund lag in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Pflichtteilsrecht. Hier gibt es ebenfalls eine zehnjährige Frist, in der Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB geltend gemacht werden können.

Entscheidend für den Fristbeginn war für den BGH nicht der Zeitpunkt der Schenkung, sondern der Moment, ab dem der Schenker nicht mehr davon profitierte (sog. Genusstheorie). Denn oft lassen sich die Schenker Nießbrauchs- oder Wohnungsrechte einräumen, um lediglich die steuerlichen Vorteile einer Übertragung zu sichern, ohne dabei die eigentliche Herrschaft über das Eigentum abzugeben.

Dennoch ist Vorsicht geboten, welches Recht man sich im Übergabevertrag vorbehält. Im Falle des Nießbrauches stehen dem Schenker beispielsweise noch sämtliche Nutzungen zu, zum Beispiel Mieteinnahmen. Hierauf kann der Sozialhilfeträger durchaus Anspruch erheben. Ein reines Wohnungsrecht demgegenüber ist nach Ansicht des BGH höchstpersönlich, sodass es nicht dem Zugriff des Sozialhilfeträgers unterliegt, d.h. dieser beispielsweise keine Pflicht zur Vermietung durchsetzen kann, sollte der Schenker das Wohnungsrecht – bspw. aufgrund Umzugs in ein Pflegeheim – nicht mehr ausüben können.

Den Wert der Schenkung deutlich machen

Ein wichtiger Baustein eines jeden Übertragungsvertrages ist daher, welche Rechte vorbehalten werden und in welchem Umfang. Weiterhin ist zu beachten, dass im Zeitpunkt der „Verarmung“ nicht immer die Zehnjahresfrist abgelaufen ist und damit ein Rückgriff möglich ist. Für diese Fälle sollte versucht werden, keine „reinen Schenkungsverträge“ zu schließen. Besser ist es, wenn die Beschenkten eine Gegenleistung erbringen müssen. Das können zum Beispiel monatliche Rentenzahlungen sein, persönliche Pflegeleistungen oder ähnliches. Damit ist klar, welchen Wert die Schenkung hat. Die Höhe des Regressanspruchs ist damit von vorneherein beschränkt, da die Schenkung weniger wert ist. So kann ggf. vermieden werden, dass das Haus vollständig zurückübertragen werden muss.

Insgesamt sollten Übergabeverträge, die steuerlich in vielen Fällen sehr sinnvoll sind, auf die möglichen Auswirkungen in der ggf. ferneren Zukunft geprüft werden. Das gilt nur im Verhältnis zu möglichen Sozialhilfeträgern, sondern auch im Verhältnis zu sonstigen Beteiligten, insbesondere Pflichtteilsberechtigten.

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