Israel bombardiert erneut Vorort von Beirut

  24 September 2024    Gelesen: 59
  Israel bombardiert erneut Vorort von Beirut

Israel verstärkt seine Angriffe auf die Hisbollah und tötet einen führenden Kommandeur in Beirut. Die Eskalation der Gewalt weckt Befürchtungen eines umfassenden Krieges im Nahen Osten. Die USA fordern derweil ihre Landsleute auf, den Libanon zu verlassen, solange noch Flüge verfügbar seien.

Israel hat erneut Ziele im Süden des Libanon angegriffen und angekündigt, den Druck auf die vom Iran kontrollierte radikal-islamische Organisation Hisbollah aufrechtzuerhalten. Der israelische Militärchef erklärte, die Hisbollah dürfe keine Atempause erhalten. Die Hisbollah selbst erklärte, militärische Einrichtungen in Israel angegriffen zu haben.

Die weiter eskalierende Lage verstärkt die Befürchtungen eines umfassenden Krieges im Nahen Osten. In den südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut geriet ein Kommandeur der Hisbollah ins Visier der israelischen Luftangriffe, wie aus Sicherheitskreisen im Libanon verlautete. Ibrahim Kubaisi, führendes Mitglied der Raketendivision der Hisbollah, sei bei dem Angriff getötet worden, hieß es später in Kreisen. Das israelische Militär bestätigte, einen gezielten Schlag in Beirut ausgeführt zu haben, ohne jedoch Einzelheiten zu nennen.

Israel verlagert Fokus auf die Nordgrenze

Der Luftangriff traf ein Gebäude im normalerweise belebten Stadtteil Ghobeiry. "Die Lage erfordert anhaltendes, intensives Handeln auf allen Ebenen", sagte Israels Generalstabschef Herzi Halevi. Das israelische Militär teilte mit, es habe in der Nacht Dutzende Ziele der Hisbollah getroffen. Am Montag seien bei Luftangriffen 558 Menschen getötet worden, darunter 50 Kinder und 94 Frauen, teilten libanesische Behörden mit. 1835 Menschen seien verletzt worden, Zehntausende aus dem Süden des Libanon geflohen.

"In der letzten Stunde bombardierten Kampfflugzeuge Ziele der Hisbollah im Süden des Libanon, einschließlich Raketenabschussrampen, militärischer Gebäude und Waffenlager", schrieb der israelische Armeesprecher Avichay Adraee auf X. Die Hisbollah gab an, in der Nacht mehrere israelische Militärziele angegriffen zu haben, darunter eine Sprengstofffabrik 60 Kilometer im Landesinneren. Zudem sei der Flugplatz Megiddo nahe der nordisraelischen Stadt Afula dreimal angegriffen worden.

Nach fast einem Jahr Krieg gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas im Gazastreifen verlagert Israel seinen Fokus auf die Nordgrenze. Vom Südlibanon aus feuert die Hisbollah regelmäßig Raketen auf Israel, um die Hamas zu unterstützen.

"Die Lage ist äußerst beunruhigend"

Die USA forderten ihre Landsleute auf, den Libanon zu verlassen, solange noch Flüge verfügbar seien. Mehr als 30 internationale Flüge von und nach Beirut wurden laut der Website des Flughafens Rafic Hariri gestrichen. Einige libanesische Krankenhäuser seien überfordert von der Zahl der Verletzten, sagte ein Vertreter der Weltgesundheitsorganisation im Libanon. "Wir sprechen von Zehntausenden Vertriebenen im Libanon, aber wir erwarten, dass diese Zahlen steigen werden", sagte zudem der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks, Matthew Saltmarsh. "Die Lage ist äußerst beunruhigend."

Bei den schweren Angriffen Israels im Libanon wurden auch zwei Mitarbeiter des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) getötet. Die Organisation sei "entsetzt und zutiefst traurig" über die Tötung ihrer Mitarbeiter, teilte UNHCR mit. Das Wohnhaus einer Kollegin, die seit zwölf Jahren im UN-Büro im Osten des Landes arbeitete, sei von einer israelischen Rakete getroffen worden. Auch ihr jüngster Sohn sei dabei getötet worden. Der weitere getötete Mitarbeiter habe seit Jahren im Büro in der Küstenstadt Tyros gearbeitet. UNHCR sei "empört über die Tötung unserer Kollegen".

Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, äußerte dennoch die Hoffnung, dass noch eine diplomatische Lösung gefunden werden könne. "Ich glaube, dass wir immer noch einen Weg nach vorne finden können, um eine Deeskalation (...) und über die nördliche Grenze zwischen Israel und dem Libanon zu erreichen und eine diplomatische Lösung zu finden, die es den Menschen erlaubt, in ihre Heimat zurückzukehren."

Die jüngste Eskalation hat Befürchtungen geweckt, dass die USA, Israels enger Verbündeter, und die Regionalmacht Iran, die im Nahen Osten Stellvertreter, wie die Hisbollah, die Huthis im Jemen und bewaffnete Gruppen im Irak unterhält - in einen größeren Krieg hineingezogen werden könnten. Die Hisbollah hatte bereits vergangene Woche schwere Verluste erlitten, als Tausende von Pagern und Funkgeräten ihrer Mitglieder explodierten. Israel hat eine Verantwortung dafür bislang weder bestätigt noch abgestritten.

Hisbollah durchaus in der Lage sich zu wehren

Das Medienbüro der Hisbollah erklärte, Israel werfe Flugblätter mit einem "sehr gefährlichen" Barcode über das östliche Bekaa-Tal im Libanon ab. Das Scannen per Telefon würde "alle Informationen" von jedem Gerät "abziehen". Vom israelischen Militär gab es dazu zunächst keinen Kommentar. Das Medienbüro der Hisbollah sagte nicht, ob auf den Flugblättern noch etwas anderes stand.

Israels Nachrichtendienst und seine technologischen Mittel sind denen der Hisbollah und der Hamas weit überlegen. Laut israelischem Militär wurden etwa 55 Geschosse bei den jüngsten Angriffen auf Israel abgefeuert. Davon sei ein Großteil abgefangen worden. Im Norden Israels mussten wegen der Hisbollah-Angriffe Tausende Menschen evakuiert werden. Die israelische Regierung hat zum Ziel ausgegeben, die Menschen wieder in ihre Heimat zurückzubringen. Zu den Optionen Israels könnte eine Invasion des südlichen Libanon sowie eine Ausweitung der Luftangriffe gehören.

Trotz großer Verluste in den vergangenen Tagen wäre die Hisbollah nach Einschätzung von Experten durchaus in der Lage, sich in einem solchen Szenario zu wehren. Die Hisbollah wurde 1982 von den iranischen Revolutionsgarden gegründet, um einer israelischen Invasion des Libanon entgegenzuwirken. Sie gilt als wesentlich schlagkräftiger als die Hamas im Gazastreifen. Andererseits verweisen Insider darauf, dass die Hisbollah an einem großangelegten Krieg gegen Israel kein Interesse haben kann.

Quelle: ntv.de, jki/rts/dpa


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