Bei den Durchsuchungen an den beiden vergangenen Tagen seien 650 Kräfte des Zolls und der Ermittlungsbehörden im Einsatz gewesen. Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alheit sprach von einem "richtigen Skandal". Arbeitnehmer seien ausgebeutet und Arbeitsverhältnisse vorgetäuscht worden. "Wir müssen uns das ganz genau angucken, und wir müssen Mechanismen entwickeln, dass das nicht wieder vorkommen kann", sagte Alheit.
Ermittelt werde gegen Verantwortliche in 237 Einrichtungen, sagte Bieler. Betroffen seien 181 Einrichtungen in Schleswig-Holstein und 56 Einrichtungen in anderen Bundesländern mit Bezug zu Schleswig-Holstein. "Dort werden beispielsweise Personalunterlagen gelagert", erklärte Bieler. Strafrechtlich gehe es um Paragraf 266a des Strafgesetzbuches, das "Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt". Die Auswertung der Unterlagen werde noch geraume Zeit dauern, kündigte Bieler an.
Stark Arbeitsbelastete schützen
Hintergrund seien Ermittlungen gegen Personalagenturen gewesen, die Pflegekräfte vermitteln. Praktisch alle großen Pflegeheimbetreiber hätten das Modell betrieben, sagte Bieler: "Pflegekräfte wurden als Selbstständige eingestellt, so dass die Sozialabgaben eingespart wurden, aber auch bezahlter Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall."
Alheit erklärte, die Vorfälle seien eine Bestätigung für die Gründung einer Pflegekammer - "weil bisher die Pflege keine Stimme hat". So wie bisher könne es nicht bleiben: "Da müssen wir gegensteuern."
Die pflegepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Birte Pauls, zeigte sich entsetzt, "dass ausgerechnet diejenigen, die in der Pflege der höchsten Arbeitsbelastung unterliegen und am wenigsten Lobby haben, mit offensichtlich krimineller Energie betrogen wurden".
Das Problem des Fachkräftemangels lässt sich nach Ansicht des früheren schleswig-holsteinischen Gesundheitsministers Heiner Garg nur lösen, "wenn man Pflegekräfte anständig bezahlt, anständig behandelt und sie nicht um ihre soziale Absicherung betrügt". Die FDP-Landtagsfraktion werde einen Bericht der Landesregierung zu diesen Vorgängen für die nächste Sitzung des Sozialausschusses anmelden. "Zur Rechenschaft müssen diejenigen gezogen werden, die Sozialbetrug professionell organisieren."
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