Syriens neue Machthaber einigen sich mit Kurden

  11 März 2025    Gelesen: 127
  Syriens neue Machthaber einigen sich mit Kurden

Die blutigen Massaker in Syrien lassen die Hoffnung auf neue Stabilität zunächst schwinden. Nun präsentiert die Übergangsregierung jedoch eine Einigung mit den kurdisch geführten SDF-Streitkräften. Gerade nach den schrecklichen Ereignissen der vergangenen Tage sei die ein großer Erfolg, sagt ein Experte.

Die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) haben sich mit den neuen Machthabern des Landes auf eine vollständige Eingliederung in die staatlichen Institutionen geeinigt. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Sana wurde das Abkommen von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa und SDF-Oberkommandeur Maslum Abdi unterzeichnet. Drei Monate nach dem Machtwechsel in Syrien stellt die Einigung mit dem von Kurden geführten Militärbündnis SDF im Nordosten einen wichtigen Schritt im Bemühen der islamistischen Übergangsregierung dar, das Land zu vereinen.

Mit dem Abkommen geben die Kurden ihre bisherige Rolle als eine eigenständige militärische und administrative Macht in Syrien auf. Die Einigung umfasst zentrale Punkte wie die politische Teilhabe aller Syrer unabhängig von ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit und die Anerkennung der kurdischen Gemeinschaft als Bevölkerungsgruppe mit vollen Staatsbürgerrechten.

Machthaber wollen Grenzübergänge kontrollieren

Die islamistische Übergangsregierung soll damit die Kontrolle über zivile und militärische Einrichtungen im Nordosten des Landes erlangen, darunter Grenzübergänge zum Irak und zur Türkei, Flughäfen sowie Öl- und Gasfelder. Zudem wurde eine sichere Rückkehr aller Vertriebenen vereinbart.

Die SDF kontrollieren große Gebiete im Nordosten Syriens. Auch eine vollständige Einstellung der Feindseligkeiten wurde vereinbart. Die von den USA unterstützten SDF erklärten sich bereit, die Regierung bei der Bekämpfung von Überresten des gestürzten Regimes von Machthaber Baschar al-Assad und jeglicher Bedrohung der Sicherheit und Einheit Syriens zu unterstützen.

"Dies ist ein großer, großer Erfolg für die Übergangsregierung, vor allem nach den schrecklichen Ereignissen der vergangenen Tage", sagte Charles Lister vom Middle East Institute in Washington dem "Wall Street Journal". Zuvor hatte die Übergangsregierung nach einer Welle der Gewalt in den Küstengebieten im Westen die Lage dort nach eigener Darstellung wieder unter Kontrolle gebracht. Die "Militäroperation" gegen Anhänger des gestürzten Langzeitherrschers Baschar al-Assad sei beendet worden, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Knapp 1000 tote Zivilisten

Bei den Kämpfen wurden nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 1450 Menschen getötet, darunter 973 Zivilisten. Diese seien von Sicherheitskräften der Übergangsregierung und verbündeten Gruppen getötet worden, erklärte die Organisation. Sie sprach von "Hinrichtungen" und "ethnischen Säuberungsaktionen" in dem vor allem von der alawitischen Minderheit bewohnten Gebiet Syriens, der auch Ex-Machthaber Assad angehört.

Auch Kinder seien Opfer der Massaker geworden. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von einem Netzwerk von Aktivisten vor Ort. Ihre Angaben können oft nicht unabhängig überprüft werden. Die Übergangsregierung sah hinter dem heftigen Gewaltausbruch einen Versuch der Assad-Loyalisten, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen.

Dass die neue Macht just zu diesem Zeitpunkt eine Einigung mit dem von Kurden angeführten Militärbündnis SDF im Nordosten erzielte, könnte einen Wendepunkt für die Entwicklungen in dem arabischen Land darstellen. "Für die internationale Gemeinschaft bedeutet eine potenzielle Lösung des Konflikts zwischen den SDF und Damaskus einen enormen Fortschritt für den Übergang in Syrien", sagte Nahost-Experte Lister dem "Wall Street Journal".

Türkei greift Kurden in Nordsyrien an

Der Nordosten Syriens wird bislang überwiegend von den SDF-Truppen kontrolliert, die während des langjährigen Bürgerkriegs mit Unterstützung der Vereinigten Staaten gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpften. Dort hat sich die SDF eine Selbstverwaltung aufgebaut. Die Türkei betrachtet sie als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK), stuft sie als Terrororganisation ein und bekämpft sie.

Die kurdische Führung hatte in den vergangenen Wochen mit den neuen Machthabern in Damaskus über ihre Zukunft verhandelt. Das nun vereinbarte Abkommen dürfte - vorausgesetzt, es wird wie vereinbart umgesetzt - eine der wichtigsten Herausforderungen für die neue Regierung beseitigen. Beide Seiten betonten die Einheit des Landes und lehnen nach eigenen Angaben eine Teilung Syriens ab.

Unterdessen griff Israels Luftwaffe in der Nacht erneut Ziele im Süden Syriens an. Kampfflugzeuge hätten in der Nacht Radaranlagen, Kommandozentren und Waffenlager attackiert, teilte die israelische Armee mit. Diese hätten eine Bedrohung für den Staat Israel und dessen Streitkräfte dargestellt und seien angegriffen worden, um "künftige Bedrohungen" zu beseitigen.

Nach dem Sturz al-Assads im Dezember hatte Israel mit Hunderten Angriffen die militärischen Einrichtungen und Arsenale seiner Regierungstruppen großteils zerstört. Seither weitete die israelische Armee ihre Aktivitäten in dem Nachbarland aus. Syriens Übergangsregierung fordert den Rückzug Israels.

Quelle: ntv.de, toh/dpa/rts


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