Seit Beginn der Massenproteste in der Türkei gegen die Festnahme des beliebten Istanbuler Bürgermeisters und Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu sind nach Regierungsangaben mehr als 1000 Menschen festgenommen worden. "1133 Verdächtige wurden zwischen dem 19. und 23. März 2025 wegen illegaler Aktivitäten festgenommen", erklärte Innenminister Ali Yerlikaya via X. Seit der Festnahme Imamoglus am Mittwoch demonstrieren landesweit jeden Abend Tausende Menschen. Für Montagabend haben die Unterstützer Imamoglus zu erneuten Protesten aufgerufen.
Am Montagmorgen wurden nach Angaben von Aktivisten zehn Journalisten festgenommen, darunter ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP. Die türkischen Staatsbürger seien im Morgengrauen aus ihren Wohnungen in Istanbul und Izmir abgeführt worden, teilte die türkische Menschenrechtsorganisation MLSA mit.
Der beliebte Oppositionspolitiker Imamoglu, der als wichtigster Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdogan gilt, war am Mittwoch festgenommen worden. Am Sonntag ordnete ein Gericht wegen Vorwürfen der Korruption seine Inhaftierung an. Wenig später suspendierte ihn das Innenministerium von seinem Amt als Bürgermeister.
Trotz seiner Verhaftung und Suspendierung wurde Imamoglu offiziell zum Präsidentschaftskandidaten seiner linksnationalistischen Partei CHP gekürt, wie ein Parteisprecher mitteilte. 15 Millionen Menschen stimmten bei den Vorwahlen für den 53-Jährigen - dabei gingen auch viele Menschen für ihn in die Wahllokale, die nicht Mitglied der CHP sind.
Scholz zur Verhaftung: "Absolut inakzeptabel"
Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete indes die Verhaftung und Suspendierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu als "absolut inakzeptabel". "Wir beobachten die Entwicklung in der Türkei im Augenblick mit großer Sorge", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Der Vorfall müsse "sehr schnell und sehr transparent" aufgeklärt werden. Der türkische Botschafter sei zu einem Gespräch im Auswärtigen Amt gewesen, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes mit.
Der Regierungssprecher wies darauf hin, dass sich die Bundesregierung in den vergangenen Jahren sehr darum bemüht habe, gute Beziehungen zwischen der EU und der Türkei aufzubauen. "Die jüngsten Entwicklungen sind ein schlechtes Zeichen für die Demokratie in der Türkei, aber auch für die weitere Entwicklung dieser Beziehungen", warnte er. Er wisse nicht, ob der türkische Außenminister an den Ukraine-Beratungen in Paris am Donnerstag teilnehmen werde. Trotz der "Fehlentwicklungen" in der Türkei sei das Land eine wichtige Regionalmacht und deshalb ein Gesprächspartner, auch beim Thema Ukraine. "Das zeigt die ganze Komplexität der internationalen Beziehungen", fügte er hinzu.
Quelle: ntv.de, mpe/AFP/rts
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