Nach Angriffen Indiens auf pakistanische Ziele hat Pakistan Vergeltung angekündigt. "Pakistan hat jedes Recht, eine angemessene Antwort auf diese von Indien verhängte Kriegshandlung zu geben, und eine angemessene Antwort wird auch gegeben", sagte der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif. Pakistan reagierte zudem mit Beschuss auf den indisch kontrollierten Teil von Kaschmir, wobei nach Behördenangaben mindestens acht Menschen starben. In der Grenzstadt Poonch seien zudem 29 Menschen verwundet worden, teilte ein Verwaltungsangestellter der Stadt mit.
Pakistanische Geheimdienstkreise meldeten zudem den Abschuss von fünf indischen Kampfjets. Eine Bestätigung durch Indien gab es dafür nicht. Die indische Armee teilte Medienberichten zufolge mit, die pakistanische Armee habe über die Kontrolllinie hinweg willkürlich geschossen. Sie werde auf den Beschuss in angemessener Weise reagieren. Die Kontrolllinie gilt als De-Facto-Grenze und teilt Kaschmir zwischen den beiden Atommächten.
Pakistan schloss zudem seinen Luftraum für 48 Stunden. Der Flugbetrieb der Flughäfen Islamabad und Lahore wurde bis auf weiteres eingestellt.
Zahl der Toten nach indischem Angriff steigt
Zuvor hatte Indien in der Nacht mehrere Ziele in Pakistan und im pakistanisch kontrollierten Teil der Unruheregion Kaschmir angegriffen. Das pakistanische Militär spricht inzwischen von 26 Toten und 46 Verletzten. Unter den Opfern sollen Frauen und Kinder sein. Laut Pakistan handelte es sich um Raketenangriffe.
Pakistanische Geheimdienstkreise und Pakistans Armee berichteten, die Städte Kotli und Muzaffarabad im pakistanischen Teil der Himalaya-Region Kaschmir sowie in der Stadt Bahawalpur in der Provinz Punjab seien Ziel der Angriffe gewesen. In Bahawalpur sei eine Moschee getroffen worden.
Den indischen Angaben zufolge wurden neun Ziele angegriffen. "Pakistanische militärische Anlagen waren nicht das Ziel." Das Verteidigungsministerium nannte die eigenen Aktionen "zielgerichtet, maßvoll und nicht eskalierend". Indien habe bei der Auswahl der Ziele und der Methode der Ausführung beträchtliche Zurückhaltung geübt, hieß es. Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar schrieb auf der Plattform X: "Die Welt darf dem Terrorismus keine Toleranz zeigen."
Bei den Zielen des jetzigen Angriffs handelt es sich laut Indien um "terroristische Infrastruktur" im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs. Von diesen seien "terroristische Angriffe gegen Indien" ausgegangen seien.
Laut dem Verteidigungsministerium in Neu-Delhi sind die Angriffe eine Reaktion auf den Terroranschlag vor rund zwei Wochen. Am 22. April hatten bewaffnete Angreifer im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs auf einer Bergwiese in einer Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam 26 Menschen getötet - vorwiegend indische Touristen. Die Regierung in Neu-Delhi wirft Pakistan eine Beteiligung vor, was Islamabad zurückweist.
Mit dem indischen Angriff in der Nacht eskalieren die jüngsten Spannungen zwischen den beiden Atommächten erheblich. In der Region wächst die Sorge vor einem neuen Krieg zwischen den beiden Ländern. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich nach den Angriffen "sehr besorgt"."Die Welt kann sich eine militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan nicht leisten", sagte er laut einer Mitteilung seines Büros. Er rief beide Atommächte zur militärischen Zurückhaltung auf.
US-Präsident Donald Trump äußerte seine Hoffnung, dass der Konflikt zwischen den beiden Atommächten nicht weiter eskaliert. "Ich hoffe nur, dass es sehr schnell endet", sagte Trump bei einer Veranstaltung im Weißen Haus mit Blick auf den Angriff. Außenminister Marco Rubio schrieb auf der Plattform X, er werde weiter sowohl die indische als auch die pakistanische Führung auf eine friedliche Lösung hinweisen. China forderte beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Man bedauere die Militäraktion Indiens und sei über die Entwicklung der Lage besorgt, teilte ein Sprecher des Außenamtes in Peking mit.
Langer Streit um Region
Seit dem Anschlag vor rund zwei Wochen überzogen sich beide Länder mit Strafmaßnahmen, wiesen unter anderem Staatsbürger der jeweils anderen Seite aus und reduzierten die diplomatischen Beziehungen. Experten stuften besonders Indiens Entscheidung als schwerwiegend ein, den sogenannten Indus-Wasservertrag mit dem Nachbarn auszusetzen. Der Vertrag regelt die Wassernutzung beider Seiten des Indus und seiner Nebenflüsse. Islamabad nannte die Aussetzung des Vertrags eine Kriegshandlung und drohte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen.
Die Kaschmir-Region im Himalaya ist zwischen Pakistan und Indien geteilt - beide beanspruchen aber das ganze Gebiet für sich. Die Ursprünge des Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück. 1947 entließen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen auf. Aus der Teilung entstand neben dem überwiegend hinduistischen Indien der neue Staat Pakistan für Muslime. Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP
Tags: