BMW 218d Gran Coupé im Test - es gibt ihn noch, den Diesel

  21 Mai 2025    Gelesen: 55
  BMW 218d Gran Coupé im Test - es gibt ihn noch, den Diesel

Das taufrische BMW 218d Gran Coupé kombiniert eine unkonventionelle Karosserieform mit konventioneller Technik. Und die Dieselbasis pfeift sogar komplett auf Elektrifizierung. ntv.de hat die neue 2er-Reihe getestet.

Das Gran-Coupé-Prinzip verfolgt BMW jetzt schon etliche Jahre - viertürige Coupés sind eben luxuriös und ein bisschen praktisch zugleich: Du kannst einfach durch die Tür in die zweite Reihe hüpfen, ohne die Vordersitzlehnen nach vorn klappen zu müssen. Bei der kompakten 2er-Reihe bekommt die flache Karosse allerdings einen anderen Dreh. Hier wirkt das "Coupé" wie eine Fließheck-Limousine und damit leicht retro - das war mal in den 1980er-Jahren in, ist jedoch womöglich wieder im Kommen.

Und BMW kombiniert schneidiges Design mit dieser funktionalen Karosse inklusive Kofferraum (wobei auch die 1er-Reihe mit vier Türen aufwartet). Auf diese Weise wird konservativer Retro-Chic plötzlich zur coolen Angelegenheit. Wobei ich BMW ja ein wenig übel nehme, dass die Verantwortlichen den Testwagen ohne "Niere Iconic Glow" geordert haben. Dieses coole Feature mit der beleuchteten Niere muss einfach an Bord.

Egal, trotzdem wird jetzt eingestiegen und losgefahren. Unter der Haube arbeitet ein Diesel ohne Elektrifizierung (der 220d ist dagegen mild hybridisiert), dass es so etwas überhaupt noch gibt. Hier fühlt sich der Elektroskeptiker wohl, aber er hat auch recht mit Blick auf die Reichweite-Anzeige. Über 1000 Kilometer mit einer Tankfüllung? Ist machbar (der Bordcomputer zeigt exakt 1021 Kilometer an) und irgendwie auch mal ein schönes Gefühl statt der Gewissheit, schon nach wenig zurückgelegter Strecke wieder eine halbe Stunde laden zu müssen.

Und der Antrieb? Ein etwas rauer, aber irre effizienter Zweiliter-Vierzylinder mit 150 PS und altem Diesel-Charme, zu dem aber auch ein Verbrauch mit einer 4 vor dem Komma gehört. Nach dem Druck auf den Startknopf weiß man ganz genau, was unter der Haube arbeitet - das Aggregat ist kaum zu überhören. Aber nur im unteren Geschwindigkeitsbereich; hat der Fronttriebler erst einmal Fahrt aufgenommen, übertönen die Windgeräusche das typische Schnarren.

Ach ja, Frontantrieb. An diese Marotte mit den quer eingebauten Motoren bei BMW in den unteren Klassen hat man sich inzwischen gewöhnt, wenngleich der Fan das noch heute als Makel ansieht. Dann muss man eben zu höheren Klassen greifen.

Reichweite schlägt Laufkultur

Zurück zum Diesel. Wenn man nach viel elektrisch gefahrener Strecke wieder umsteigt, macht man sich so seine Gedanken, ob der Verbrenner (speziell der Selbstzünder) wirklich so toll ist, wie immer geglaubt. Ja, ein großvolumiger und bollernder V8 erzeugt Gänsehaut, aber ein kleiner Diesel mit Anfahrschwäche und manchmal träge reagierendem Doppelkuppler? Egal, Reichweite schlägt Flüsterantrieb.

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust, ich kann mich schwer entscheiden. Ich gebe dem 360-Newtonmeter-Brocken eine Chance und lasse ihm freien Lauf. Wobei er sein Zugkraft-Peak schon zwischen 1500 und 2500 Touren erreicht, also gar nicht großartig rotieren muss. Die virtuelle Säule rechts auf dem "Curved Display" zeigt bei BMW allerdings längst nicht mehr die Drehzahl an, sondern die Power in Prozent, wenn man nicht gerade im Sportmodus unterwegs ist. Ein bisschen Elektrowelt im ollen Selbstzünder.

Kommt man denn nun klar mit dem Punch oder nicht? Für den Alltag reicht dieser 218d aus, aber Volllast an der Autobahnsteigung am schweren Lkw vorbei zeigt auch: Ein Beschleunigungswunder ist der 1,6-Tonner nicht gerade. Vielleicht ist man aber einfach zu verwöhnt von den ganzen Elektro-Drehmomentbündeln. Dafür stoppt der Diesel nicht abrupt bei 160 Sachen, sondern zieht seine Bahnen zügig, erreicht bis zu 230 km/h auf dem Tacho (Werksangabe 226) mit viel Anlauf. Auch mal schön auf der freien Strecke. Unten herum fühlt er sich dann aber kräftiger an als auf der linken Spur bei hoher Geschwindigkeit. Demnach sind 8,4 Sekunden bis Landstraßentempo absolut glaubhaft.

2er-Diesel ist reisetauglich

Die entscheidende Frage ist aber doch, ob der Einstiegsselbstzünder reisetauglich ist. Und da ein BMW tendenziell immer wie ein Maßanzug sitzt und weniger wie ein schlabbriger Trainingsanzug, muss man dem 4,55 Meter langen Gefährt schon hoch anrechnen, wenn man mit den Knien nirgends anstößt. Und selbst hinten geht der Platz in Ordnung, ist die Beinfreiheit passabel, wenngleich noch Luft nach oben wäre. Dabei sind 2,67 Meter Radstand schon am oberen Rand des Segments angesiedelt.

Dafür sind 430 Liter Kofferraumvolumen goldrichtig, um genügend Gepäck einzuladen für eine ausgedehnte Urlaubsfahrt mit vier Personen. Und das gelingt dann auch in kommoder Weise, denn das Fahrwerk ist zwar - BMW-typisch - von der etwas drahtigeren Seite, schluckt Autobahnwellen aber letztlich doch gekonnt weg. Kürzere Verwerfungen nimmt der Premiumkompakte etwas trockener, dafür macht der Umweg über die kurvige Landstraße durchaus Spaß. Wenn das nicht ein annehmbarer Kompromiss ist.

Preislich startet das 218d Gran Coupé bei 41.700 Euro, was ebenfalls als annehmbar durchgehen darf. Und Hand aufs Herz - eigentlich brauchst du bei diesem F74 (so heißt der BMW intern) keine Zusatzausstattung mehr. Denn mit der vollen Assistenz, LED-Scheinwerfern, Navi, Parksensorik und Rückfahrkamera gibt es alles, was man im Autofahrerleben so braucht. Andererseits verlockt das große Assistenzpaket mit etlichen spannenden Positionen inklusive Abstandstempomat für 2180 Euro. Allerdings muss man bei viel Assistenz auch etwas tiefer in das Menü abtauchen, um vibrierende Lenkeingriffe auszuschalten, während der Tempo-Alarm einfach per lang gedrückter Set-Taste auf dem Lenkrad verstummt.

Ein bisschen gemein ist, dass sich die beleuchtete Niere im 3650 Euro teuren "Innovationspaket" versteckt. Zwar lohnt sich das, denn in diesem Fall kommen auch adaptive LED-Scheinwerfer sowie schlüsselloses Schließsystem an Bord, aber das Budget muss ja auch erst mal verfügbar sein. Mit der LED-Niere wird der 2er allerdings ein ganzen Stück cooler. Schön auch, dass BMW es schafft, eine PDF-Preisliste mit ganzen 23 Seiten zu konstruieren, wo andere Hersteller eher 123 Seiten benötigen. Manchmal kann ein bisschen Simplizität auch mehr sein.

Fazit: Keine Lust auf VW Golf? Dann könnte das kompakte Gran Coupé aus dem Hause BMW die nötige Abwechslung bringen. Als Basisdiesel ist der Münchener außerdem extrem effizient und daher ein gutes Langstrecken-Tool. Das Raumangebot ist dafür eher maßgeschneidert, geht aber gerade noch in Ordnung. Und mit der Karosserieform, die letztlich einer Fließheck-Limousine entspricht, ist man auf der Retrospur unterwegs. Wenn es das Budget zulässt, bitte die beleuchtete Niere wählen, denn mit ihr erhält der Fronttriebler ein Quäntchen mehr Coolness.

Quelle: ntv.de


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