Die EU-Staaten setzen angesichts des anhaltenden Angriffskriegs gegen die Ukraine neue Russland-Sanktionen in Kraft. Das mittlerweile 17. Paket mit Strafmaßnahmen sieht unter anderem eine weitere Verschärfung des Vorgehens gegen die sogenannte russische Schattenflotte für den Transport von Öl und Ölprodukten vor, wie EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas mitteilte.
Zudem werden Dutzende weitere Unternehmen ins Visier genommen, die an der Umgehung bestehender Sanktionen beteiligt sind oder die russische Rüstungsindustrie unterstützen. "Je länger Russland Krieg führt, desto härter ist unsere Reaktion", kommentierte Kallas in sozialen Netzwerken.
Sie wies dabei auch darauf hin, dass ein 18. Sanktionspaket bereits in Planung ist. Es soll unter anderem die Wiederaufnahme des Betriebs der Nord-Stream-Gaspipelines verhindern. Zudem sind eine Senkung des Preisdeckels für russisches Öl sowie weitere Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor und gegen Schiffe der russischen Schattenflotte geplant.
Geldfluss soll zu "Rinnsal" werden
Hintergrund der schnellen Taktung ist, dass Friedensbemühungen für die Ukraine zuletzt keine greifbaren Ergebnisse brachten und Forderungen des Westens nach einer sofortigen Waffenruhe nicht erfüllt wurden. "Wladimir Putin spielt offenbar weiter auf Zeit", sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius in Brüssel. Die Konsequenz sollten seiner Meinung nach vor allem weitere Sanktionen gegen den russischen Energiesektor sein. "Das wirksamste Sanktionsmittel ist das weitere Abschneiden der Mittelzuflüsse, der Geldzuflüsse aus Energieverkäufen", sagte er. "Der Strom von Geld, der schon geringer geworden ist, muss noch mehr zu einem Rinnsal werden."
Mit dem aktuellen Sanktionspaket wird nach Angaben von Kallas rund 200 weiteren Schiffen das Einlaufen in Häfen in der EU verboten. Ebenso werden die Betreiber nicht mehr von Dienstleistungen europäischer Unternehmen profitieren können. Von neuen Ausfuhrbeschränkungen werden rund 30 wirtschaftliche Akteure betroffen sein. Dutzende weitere Personen und Unternehmen sollen gar keine Geschäfte mehr in der EU machen dürfen und müssen auch Vermögenssperrungen befürchten.
Auch Großbritannien verkündete 100 zusätzliche Sanktionen gegen Russlands Militär-, Energie- und Finanzsektor. Es handle sich um eine Reaktion auf den bislang umfangreichsten russischen Drohnenangriff auf ukrainische Städte während des Wochenendes. Die neuen Maßnahmen zielten auf die Lieferketten russischer Waffensysteme wie Iskander-Raketen, vom Kreml finanzierte Informationseinsätze sowie Finanzinstitute, die Russland bei der Umgehung von Sanktionen helfen.
Sanktionen gegen Schattenflotte
Bei den Sanktionen gegen die Schiffe geht es vor allem um die Beschränkung russischer Exporte, aber auch um den Umweltschutz. Russland wird seit Langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels für Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die nicht in der Hand westlicher Reedereien oder von westlichen Versicherungen versichert worden sind.
Nach Ansicht von Experten gibt es dabei große Risiken für die Schifffahrt und die Umwelt. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass viele Tanker überaltert seien, technische Mängel hätten und zeitweise ohne automatisches Identifizierungssystem unterwegs seien.
Das bislang letzte Paket der EU mit Russland-Sanktionen war im Februar beschlossen worden, passend zum dritten Jahrestag des Kriegs gegen die Ukraine. Die Wirksamkeit der Russland-Sanktionen ist unterdessen umstritten. Kritiker bezweifeln, dass sie einen großen Einfluss auf die Politik Putins haben. Befürworter hingegen verweisen darauf, dass die Strafmaßnahmen die russische Wirtschaft hart treffe und der Staat erhebliche Einnahmeausfälle zu verkraften habe. Demnach hätte Russland den Krieg ohne die Sanktionen möglicherweise schon lange mit einem Sieg beendet.
Quelle: ntv.de, lme/dpa/rts
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