Der SPD-Vizechef, seit 2011 Erster Bürgermeister von Hamburg, lehnt einen Konkurrenzkampf um die Kanzlerkandidatur ab. "Der SPD-Vorsitzende ist der natürliche Kanzlerkandidat", sagte Scholz den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Die SPD sei eine solidarische Partei, "und in der SPD-Spitze halten wir zusammen", so der 57-Jährige. "Wir machen uns nicht gegenseitig die Posten streitig."
Mit Scholz meldet sich einer derjenigen zu Wort, der im Rennen um eine Kanzlerkandidatur eigentlich zu den natürlichen Anwärtern gehört. Er sitzt seit fünfeinhalb Jahren im Parteivorstand. Dazu fuhr Scholz als Spitzenkandidat in Hamburg mit 48,4 Prozent (2011) und 45,6 Prozent (2016) sensationelle Ergebnisse ein, von denen die Partei in anderen Ländern und im Bund nur träumen kann.
Doch Scholz will nicht, zumindest nicht jetzt. Möglichen Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur hat er mehrfach ähnlich deutlich widersprochen wie NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. "Ich trete 2020 erneut als Bürgermeisterkandidat der SPD in Hamburg an", sagt Scholz der "Welt" im April. Die Spekulationen lese er "mit einem gewissen Spaß". Auf die Frage, was er antworten würde, sollte SPD-Chef Sigmar Gabriel ihn bitten, sagte Scholz: "Ich habe auch vor den letzten Landtagswahlen intern und öffentlich dafür geworben, dass wir nicht plötzlich die Pferde wechseln."
Gabriel muss da alleine durch
Nun sagt Scholz erneut deutlich Nein. Er tut dies nicht ganz ohne Anlass. Erst vor einer Woche hatte der "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort mit Berufung auf eine Quelle erklärt, Gabriel werde zurücktreten. Neuer Parteichef solle demnach Scholz, Kanzlerkandidat Martin Schulz werden. Die SPD-Parteispitze hatte die Gerüchte dementiert. Auch Scholz hat darauf nun noch einmal reagiert.
Tatsächlich sind seine Äußerungen jedoch vielfältig interpretierbar. Die Sätze lesen sich auf den ersten Blick zwar solidarisch und unterstützend für den SPD-Chef. Dennoch wird sich Gabriel keineswegs gefreut haben. Er macht öffentlich einen Vorschlag, sein Stellvertreter weist diesen unmittelbar zurück. Die Außenwirkung ist verheerend, wieder einmal wirkt die Parteispitze uneinig und unabgestimmt. Und nicht nur das: Zwischen den Zeilen übt Scholz Druck aus, denn im Prinzip sagt er nichts anderes als: Du (Gabriel) musst da alleine durch, diese Kandidatur nimmt dir keiner ab.
Angesichts der aktuellen Umfragen weckt die Aussicht, die SPD in die Bundestagswahl zu führen, keine Begehrlichkeiten. Scholz und andere verweisen beharrlich darauf, dass Gabriel als Vorsitzender "der natürliche Kanzlerkandidat" sei. Das schützt sie und gilt - zumindest bis zu einem möglichen Rücktritt Gabriels. Spätestens dann können sich Scholz & Co. nicht mehr so leicht aus der Affäre ziehen.
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