Türkischer Ministerpräsident trifft unglückliche Aussage

  14 Oktober 2015    Gelesen: 563
Türkischer Ministerpräsident trifft unglückliche Aussage
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat gesagt, die Behörden hätten eine Liste mit potentiellen Selbstmordattentätern in der Hand, könnten aber nichts unternehmen. Die Opposition schüttelt den Kopf.
Ahmet Davutoğlu, Ministerpräsident der Türkei, hat nach dem schwersten Terroranschlag der Türkei mit über 100 Toten mit einer Erklärung für Kopfschütteln gesorgt. Davutoğlu behauptete im Fernsehsender NTV, dass die Behörden eine Liste potenzieller Selbstmordattentäter hätten, allerdings nichts unternehmen könnten, solange diese es nicht in die Tat umsetzten. Davutoğlu begründete dies mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.

Davutoğlu, der Politikwissenschaftler ist und als solcher auch eine Professur innehatte, wörtlich: „Es gibt eine Liste von Personen, die in der Türkei ein Selbstmordattentat verüben könnten. Wir verfolgen sie, können aber nicht eingreifen, bis sie es in die Tat umgesetzt haben.“ Und weiter: „Wir wissen, jemand bereitet eine Tat vor, aber wir können ihn nicht festnehmen, solange er das nicht in die Tat umgesetzt hat oder wir Belege in der Hand haben. Die Türkei ist ein demokratischer Rechtsstaat.“

Wer den Anschlag verübt hat, stehe auch noch nicht fest. Am Sonntag hatte Davutoğlu noch erklärt, dass erste Spuren auf den IS hindeuteten. Nun sagte er, dass es auch die PKK gewesen sein könnte. „Wir wissen, dass sie ihre Einheiten, die sie als `Unsterbliche` bezeichnen, genau für solche Zwecke in die Türkei geschickt haben.“ Man stehe kurz davor, die Verantwortlichen festzumachen. Davutoğlu wies Vorwürfe zurück, dass es an geheimdienstlicher Information mangele, um solche Vorfälle zu verhindern. Er verwehrte sich auch gegen Anschuldigungen aus der HDP, der Staat trage eine Mitschuld an dem Anschlag.

„Wie wollt ihr Selbstmordattentäter nach Verübung der Tat festnehmen?“
Kemal Kılıçdaroğlu, Vorsitzender der oppositionellen CHP, kritisierte Davutoğlu für seine Äußerung. Kılıçdaroğlu fragte: „Wie wollt ihr Selbstmordattentäter nach Verübung der Tat festnehmen?“

Der CHP-Politiker behauptete, dass die Türkei unter der AKP-Regierung unregierbar geworden sei. Kılıçdaroğlu zufolge sei Davutoğlu heimlich in den Osten des Landes gereist. „Wenn du als Ministerpräsident nicht überall im Land reisen kannst, die Kleinunternehmer begrüßen kannst - gibt es da noch etwas schlimmeres?“

Er kündigte zudem an, einen Antrag im Parlament stellen zu wollen, damit die Getöteten zu Märtyrern erklärt werden. Ob dieser Antrag Erfolg haben wird, ist jedoch fragwürdig. Nationalistische Kreise hatten bemängelt, dass bei der Demonstration keine türkischen Flaggen zu sehen gewesen sein.

Oktay Vural von der MHP fand, dass Davutoğlu mit zweierlei Maß messe. „Einerseits nehmt ihr Journalisten und andere fest mit der Begründung, es gebe einen plausiblen Verdacht (makul şüphe, Anm. d. Red.), andererseits sagt ihr, dass man potenzielle Selbstmordattentäter nicht festnehmen könne.“

Die Regierung hatte vor etwa einem Jahr per Gesetzesänderung veranlasst, dass Menschen bereits bei einem plausiblen Verdacht in U-Haft genommen werden könnten.

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