Der ehemalige Quasi-Monopolist hatte viele Fans und noch viel mehr Gegner. Aber bis auf wenige Apple- und Linux-Jünger, die sich aus Prinzip keinem Windows-Monopol beugen wollten, kam an Microsoft fast 20 Jahre kein Computernutzer vorbei.
Das Ende dieser Ära ist schon lange in Sicht. Doch nun hat Microsoft einen weiteren großen Schritt in diese Richtung gemacht. Der Konzern hat sich von den Resten der einst teuer erkauften Nokia-Handysparte getrennt und sie für 350 Millionen Dollar an Foxconn verkauft. Microsoft hatte zuletzt nur noch einfache Handys im Angebot – echte Smartphones mit Windows-Betriebssystem werden nur noch wenige gebaut und dann von anderen Herstellern wie Acer, Alcatel und HP.
Leises Ende der Lumia-Reihe?
Aus Microsofts Verkaufsankündigung kann sogar eine endgültige Beerdigung der Lumia-Reihe – Smartphones und Tablets von Microsoft mit Windows-Betriebssystem – herausgelesen werden. Das Unternehmen kündigt zwar an, die mobilen Windows-Geräte weiter zu pflegen, es verliert aber kein Wort über neue Tablets oder Smartphones unter dem Markennamen.
Damit setzt sich ein schon lange sichtbarer Trend fort: Microsofts langer Abschied vom Konsumenten. Einst machte Microsoft vor allem mit den Produkten Windows und Office Geld. Zwar bleibt Windows auch heute noch das mit Abstand verbreitetste Betriebssystem für PCs – doch als Umsatzbringer hat es stark an Bedeutung abgenommen.
Windows 10 soll das letzte Windows aller Zeiten sein, danach folgen nur noch Gratis-Updates. Auch schon das Upgrade auf Windows 10 ist für fast alle PC-Nutzer kostenlos. Windows ist nur noch die Infrastruktur für Dienste und Produkte – nicht mehr das Produkt selbst.
Microsoft wächst im Unternehmensgeschäft
Office dagegen ist für Microsoft immer noch ein wichtiges Geschäft – aber dank Cloud-Software wie Google Drive oder kostenlosen Open-Source-Alternativen wie LibreOffice spielt das für Konsumenten ebenfalls eine immer geringere Rolle.
Wachstum kommt bei Microsoft dagegen nur noch aus Bereichen, mit denen der Privatnutzer kaum Berührungspunkte hat: Server-Software wie Microsofts Datenbanklösung SQL Server oder die E-Mail-Server-Software Exchange sowie Software, Daten und andere Dienste aus der Cloud – also über das Internet nach Bedarf bereitgestellte IT-Ressourcen.
Selbst die letzte Windows-Bastion – der PC – bröckelt: Seit Jahren weitet Apples Mac-Plattform ihren Marktanteil unter den Computerverkäufen aus, Googles günstige Laptop-Serie Chromebook kommt dank Applikationen, die direkt im Browser laufen, ohne Windows aus.
Und auch für Computerspiele hat Windows an Bedeutung verloren. Einerseits vor allem an Sonys Spielekonsole Playstation und natürlich an Smartphones, andererseits erscheinen immer mehr klassische PC-Spiele auch für Mac und Linux.
Die lange Windows-95-Ära ist endgültig vorbei
Die Nokia-Übernahme war für Microsoft ein teures Desaster und der letzte gescheiterte Versuch, den Kontakt zu den Konsumenten im Mobilbereich nicht völlig zu verlieren. Mit der wachsenden Bedeutung mobiler Geräte, bei denen Windows keine Rolle spielt, wird die Relevanz von Microsoft für den Computer-Alltag weiter schwinden.
Die Ära Microsoft, die mit Windows 95 ihren Höhepunkt erreichte, endete für Privatnutzer irgendwann nach der Einführung des iPhones 2007 und der darauffolgenden von Android-Handys angeführten mobilen Computerrevolution.
Ganz aufgegeben hat Microsoft den Privatnutzer als Zielgruppe aber noch nicht: Der Laptop-Tablet-Hybrid Surface Pro feiert moderate Erfolge, HoloLens – eine Brille, bei der virtuelle Realität und Umgebung verschmelzen – hat ebenfalls auch Konsumenten im Visier. Außerdem setzt Microsoft stark auf Chatbots und künstliche Intelligenz, die in Microsofts Vision irgendwann zur Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine werden sollen.
Doch Microsoft wird auf absehbare Zeit nie wieder so dominant in der Wahrnehmung von Computern für den normalen Nutzer wie in den 90er-Jahren. Für das Image von Microsoft könnte das sogar Positives bedeuten: Der Name des einstigen Quasi-Monopolisten, den einst Millionen wegen Bluescreens verfluchten, könnte bei manch einem inzwischen eher nostalgische Gefühle auslösen.
Quelle : welt.de
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