Der Gipfel fällt in eine Zeit, in der die Lage in und um Syrien gezeigt hat, dass das System der internationalen humanitären Hilfe an seine Grenzen kommt. Angesichts der vielen syrischen Flüchtlinge in der Türkei wird das Thema den Delegierten aus nächster Nähe begegnen.
125 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen
Nach UN-Angaben sind in diesem Jahr weltweit 125 Millionen Menschen dringend auf Unterstützung angewiesen – ein trauriger Rekord. Insgesamt gibt die Weltgemeinschaft rund 25 Milliarden US-Dollar für humanitäre Hilfe aus, doch die Lücke zum tatsächlichen Bedarf wächst: Nach Schätzungen der UN wären weitere 15 Milliarden Dollar nötig. Die wirksamste Möglichkeit, diese Lücke zu schließen, ist nach Ansicht eines von den UN berufenen Expertenpanels der verstärkte Kampf gegen die Ursachen der Not, also die Verhinderung und Lösung von Konflikten.
Anders als auf der Londoner Syrien-Konferenz im Februar geht es in Istanbul nicht um finanzielle Zusagen. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie man die Hilfe besser koordiniert und vernetzt. Man werde "einen besseren Überblick darüber bekommen, wie humanitäre Hilfe weltweit geleistet wird", sagte Merkel in ihrem Videopodcast. Außerdem müsse nachvollzogen werden, "ob das, was auf internationalen Konferenzen zugesagt wird, nachher auch getan wird", betonte die Kanzlerin. "Da hapert es an vielen Stellen leider."
"Ärzte ohne Grenzen" sagen Teilnahme ab
Der Weltgipfel geriet allerdings schon vor Beginn in die Kritik. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die lange an der Vorbereitung beteiligt war, sagte ihre Teilnahme aus Protest ab. "Der Gipfel ist zu einem Feigenblatt aus guten Absichten geworden", kritisierte die Organisation. Die Mediziner verwiesen darauf, dass im vergangenen Jahr 75 von ihnen betreute Krankenhäuser bombardiert wurden, in vielen Konflikten Zivilisten getötet werden und der Umgang mit Flüchtlingen in Europa "ein erschreckendes Fehlen an Menschlichkeit" zeige. "Während schockierende Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Rechte von Flüchtlingen Tag für Tag weitergehen", würden die Gipfelteilnehmer zu einem unspezifischen Konsens gedrängt werden, "Normen aufrechtzuerhalten" und "Not zu beenden". Dagegen würden systematische Rechtsverstöße von Staaten ignoriert. Die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai kritisierte das Treffen ebenfalls: "Was wird dieser Gipfel bringen, jenseits von Worten?"
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