Bootsunglück: Hundert Flüchtlinge vermisst

  27 Mai 2016    Gelesen: 650
Bootsunglück: Hundert Flüchtlinge vermisst
Tausende Flüchtlinge machen sich in diesen Tagen auf die lebensgefährliche Überfahrt von Libyen nach Europa. Mindestens 20 Menschen sterben, als ihr Boot kentert. Bei einem anderen Unglück gibt es wohl noch viel mehr Tote als bisher angenommen.
Bei einem Flüchtlingsunglück im Mittelmeer könnten nach Angaben von Überlebenden hundert Menschen ums Leben gekommen sein. Die Überlebenden des Unglücks vom Mittwoch, die nach ihrer Ankunft im sizilianischen Porto Empedocle befragt wurden, hätten von hundert Vermissten gesprochen, sagte ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Bei einem zweiten Unglück werden bis zu 30 Tote befürchtet.

IOM-Sprecher Flavio Di Giacomo sagte, die Überlebenden hätten ausgesagt, rund hundert Menschen seien im Rumpf des gekenterten Bootes gewesen. Das völlig überladene Fischerboot war am Mittwoch vor der libyschen Küste gekentert, als sich ihm ein italienisches Marineschiff näherte. Die Marine hatte anschließend erklärt, 562 Menschen seien gerettet worden, doch seien mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen.

Viele Flüchtlinge aus Marokko

Di Giacomo sagte nun aber, die Überlebenden hätten berichtet, bei der Abfahrt in Libyen hätten sich 650 Menschen an Bord befunden. Die Mehrheit von ihnen seien Marokkaner gewesen, eine Nationalität, die bisher unter den Flüchtlingen aus Libyen kaum vertreten war. Außerdem seien auch viele Tunesier und zwei syrische Familien an Bord gewesen, die seit langem in Libyen lebten.

Der IOM-Sprecher hob zudem hervor, dass es selten sei, dass ein solch großes Boot mit einem Stahlrumpf und so vielen Flüchtlingen an Bord aus Libyen startet. Sonst kämen solche Boote vor allem aus Ägypten. Di Giacomo sagte, sollten sich die Berichte der Überlebenden zur Zahl der Opfer bestätigen, wäre es "eine der größten Tragödien auf See" seit Beginn der Flüchtlingskrise im Mittelmeer.

4000 Menschen am einem Tag gerettet

Wegen des guten Wetters kommen derzeit besonders viele Flüchtlinge über das Mittelmeer. Laut der italienischen Küstenwache wurden in den vergangenen vier Tagen 10.000 Menschen gerettet. Allein an diesem Donnerstag wurden bei 22 Rettungseinsätzen rund 4000 Flüchtlinge geborgen. Allerdings starben bei einem weiteren Schiffsunglück nach ersten Angaben 20 bis 30 Menschen.

Ein luxemburgisches Flugzeug habe 65 Kilometer vor der libyschen Küste ein gekentertes Boot entdeckt, teilte ein Sprecher der EU-Marinemission "Sophia" mit, die im Mittelmeer gegen Schlepper vorgeht. Dutzende Flüchtlinge hätten auf dem Rumpf gestanden, der bereits unter der Wasseroberfläche schwamm, während 20 bis 30 Leichen im Wasser getrieben seien. Demnach konnten 96 Menschen gerettet werden.

Berichte über weitere Bootsunglücke

Zuvor hatte es Hinweise auf ein noch größeres Drama gegeben. Die Initiative "Watch The Med", die ein Notrufsystem für Flüchtlinge in Seenot eingerichtet hat, berichtete von einem von zwei Holzbooten abgesetzten Notruf. Laut der Freiwilligenorganisation sollen insgesamt 1000 Menschen an Bord der Boote gewesen sein. Eines sei später gesunken, hieß es.

Die Hilfsorganisation "Sea Watch", die mit einem Schlauchboot in der Region war, berichtete zudem von einem Unglück, bei dem drei Boote gesunken seien, es gebe viele Tote. "Davon wissen wir nichts, und wir wissen auch nicht, wo diese Migranten gesichtet worden sein sollen", sagte ein Sprecher der EU-Mission Eunavfor Med, die im Mittelmeer gegen Schlepper vorgeht. "Sea Watch" hatte zunächst befürchtet, dass mehrere Hundert Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Später hieß es, die Zahl der Toten scheine deutlich geringer zu sein, als zunächst befürchtet. Genaue Angaben seien aber noch nicht möglich.

Quelle: n-tv.de , hul/AFP/dpa

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