Bisher ist in dem Gesetzentwurf vorgesehen, dass ab einem Zeitpunkt von sechs Wochen vor der Geburt keine Anmeldebescheinigungen für Prostituierte mehr ausgestellt werden dürfen. Lehrieder setzt sich dafür ein, diese Frist weiter auszudehnen und mit einem Beschäftigungsverbot für Hochschwangere zu flankieren. Leider gebe es inzwischen einen Markt für Sex mit hochschwangeren Frauen. "Dieses Geschäftsmodell sollten wir mit Rücksicht auf die Würde des Kindes unterbinden."
Für eine solche Regelung hatten sich in der öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag auch zahlreiche geladene Experten ausgesprochen.
Der Gynäkologe Wolfgang Heide, der sowohl in seiner Heidelberger Praxis als auch in der Mannheimer Beratungsstelle "Amalie" ehrenamtlich Prostituierte betreut, berichtete: "Das Unwürdigste ist, dass es einen Markt für Freier gibt, die besonders auf schwangere Frauen stehen und dafür gerne mehr bezahlen." Sogar mit Gangbang-Partys mit schwangeren Frauen werde in Annoncen geworben.
"Wie soll das gehen bei 15 bis 40 Freiern am Tag?"
Für ihn als Frauenarzt und Geburtshelfer seien solche Situationen "am Rande des Erträglichen", so Heide. "Wir Frauenärzte sind für das Wohl von Mutter und ungeborenem Kind zuständig. Wie soll das gehen, wenn die werdende Mutter zwischen 15 und 40 Freier am Tag bedienen muss?"
Zum Schutz von Mutter und ungeborenem Kind forderte er ein generelles Beschäftigungsverbot – auch schon vor der 34. Schwangerschaftswoche. Alles andere sei "schlicht und einfach unmenschlich", so Heide. "Ich appelliere an den Mut der Abgeordneten, Schwangere aus der Prostitution herauszunehmen." Es müsse möglich sein, diesen Frauen dann Hartz IV zuzusprechen.
Auch der Kinder- und Jugendpsychiater Lutz-Ulrich Besser sprach sich in seiner Stellungnahme für ein Beschäftigungsverbot für Schwangere aus. Derzeit gebe es einen "profitablen und pervertierten Markt für Sex mit Schwangeren". In der Praxis würden Frauen sogar "gezielt geschwängert, um die passenden Freier zu bedienen". Viele gingen dann für Spätabtreibungen ins Ausland oder gäben ihre Kinder nach der Geburt zur Adoption frei, sagte Besser.
"Die Frauen werden weiterarbeiten – in der Illegalität"
Neben der Gefahr von Infektionskrankheiten seien der Stress und die emotionale Situation der schwangeren Prostituierten bei der Ausübung von Sex am Fließband "absolut schädlich für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib", so der Psychiater.
Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing von der Universität Bonn plädierte zumindest für ein generelles Tätigkeitsverbot für Schwangere sechs Wochen vor der Geburt. "Selbst wenn eine Gefährdung der eigenen Gesundheit zur Disposition der schwangeren Prostituierten stehen mag, so steht die Gefährdung des ungeborenen Lebens nicht zur Disposition der Prostituierten", schrieb Thüsing in seiner Stellungnahme.
In der Praxis dürfte ein solches Beschäftigungsverbot für Schwangere dennoch schwer umzusetzen sein, gab Andrea Hitzke vom bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel zu bedenken: "Die Lebensrealität ist: Die Frauen werden trotzdem weiterarbeiten – dann eben in der Illegalität."
Quelle : welt.de
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