Pressekonferenz von Präsident Ilham Aliyev und der Bundeskanzlerin Merkel

  08 Juni 2016    Gelesen: 2394
Pressekonferenz von Präsident Ilham Aliyev und der Bundeskanzlerin Merkel
Wie ein AZERTAC- Sonderkorrespondent berichtet, fand am Dienstag, dem 7. Juni eine Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Staatspräsidenten der Republik Aserbaidschan Ilham Aliyev im Bundeskanzleramt statt.

BK`in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass heute der aserbaidschanische Staatspräsident Ilham Aliyev - ich kann sagen: wieder einmal - in Deutschland, in Berlin ist. Ich möchte ihn sehr herzlich begrüßen.

Wir haben schon vor einiger Zeit - wir treffen uns des Öfteren auch auf den internationalen Begegnungen - vereinbart, dass wir unsere bilateralen Beziehungen weiterentwickeln und auch über die anstehenden Themen sprechen wollen. Deshalb freut es mich sehr, dass Staatspräsident Ilham Aliyev heute hier in Berlin ist.

Wir haben unter anderem über die ökonomische Situation in Aserbaidschan gesprochen. Durch den sehr niedrigen Erdöl- und Erdgaspreis ist die Lage angespannter als vor einigen Jahren. Das hat aber wiederum dazu geführt, dass eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Reformen in Gang gesetzt wurde, die aus meiner Sicht den Weg zur Diversifizierung der aserbaidschanischen Wirtschaft ebnen werden. Der Präsident hat heute auch mit dem Bundeswirtschaftsminister gesprochen und Wirtschaftsvertreter getroffen. Deutschland ist gern bereit, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten und Fähigkeiten an dieser Diversifizierung der Wirtschaft zu beteiligen.

Wir haben auch über die gesellschaftliche Situation gesprochen. In letzter Zeit gab es eine Reihe von Begnadigungen, die wir natürlich sehr begrüßen.

Wir haben über die Situation in Berg- Karabach gesprochen. Anfang April hat es dort schwere Verletzungen der Waffenruhe gegeben. Deutschland hat im Augenblick den OSZE-Vorsitz inne und möchte deshalb einen Beitrag dazu leisten, dass der Konflikt friedlich gelöst werden kann, dass nicht nur der Waffenstillstand eingehalten wird, sondern dass man auch im politischen Prozess Fortschritte macht. Ich denke, es gibt gute Gründe, dass die Europäische Union und Aserbaidschan, aber auch Deutschland und Aserbaidschan ihre Beziehungen pflegen und dass wir weiter im Gespräch über alle gesellschaftlichen Entwicklungen, aber eben auch über die ökonomischen Entwicklungen bleiben. Noch einmal herzlich willkommen!

P Aliyev: Herzlichen Dank, Frau Bundeskanzlerin. Zunächst möchte ich Ihnen herzlich dafür danken, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Deutschland wieder zu besuchen. Ich war ja im vergangenen Jahr hier. Ich besuche Sie dieses Jahr wieder. Das zeigt also: Wir haben einen sehr aktiven politischen Dialog, den wir pflegen. Auch heute habe ich mich mit der Bundeskanzlerin wieder getroffen. Das war eine gute Gelegenheit, uns über bilaterale, aber auch über regionale Fragen auszutauschen.

Die Bundeskanzlerin hat ja schon gesagt, dass wir eine ganze Reihe von uns beide interessierenden Themen besprochen haben, die sehr wichtig sind. Die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und der Bundesrepublik Deutschland werden, denke ich, erfolgreich sein und zu Frieden und Stabilität in unserer Region beitragen.

Natürlich ist der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien in Berg-Karabach ganz schwerwiegend. Wir hoffen, dass wir bald Fortschritte auf der Grundlage internationaler Normen, internationaler Standards und vor dem Hintergrund der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erleben werden. Viele von ihnen sind schon vor über 20 Jahren verabschiedet worden. Darin ist ein sofortiger und bedingungsloser Abzug von armenischen Truppen aus dem Territorium Aserbaidschans verlangt worden. Bisher hat es leider Gottes keine Fortschritte gegeben. Leider Gottes hat es bisher auch keine Implementierung und Verwirklichung dieser Dinge gegeben. Es hat leider Gottes auch keine Sanktion für diese brutale Verletzung des Völkerrechts gegeben, auch nicht für die ethnischen Säuberungen in fast 25 Prozent des aserbaidschanischen Staatsgebietes.

Wir möchten, dass diese Resolutionen so schnell wie möglich verwirklicht werden, dass es dort dann auch gemäß der Schlussakte von Helsinki, der Sicherheitsratsresolutionen und auch internationalen Normen eine Lösung gibt.

Entlang der Waffenstillstandslinie hat es immer wieder Verletzungen gegeben. Das zeigt, dass der Waffenstillstand keineswegs stabil ist. Er ist fragil. Der Status quo, so wie er sich jetzt darstellt, ist nicht akzeptabel. Anfang April hat es seitens Armeniens eine weitere militärische Provokation gegen Aserbaidschan gegeben. Wir mussten uns verteidigen; wir mussten unsere Zivilpersonen verteidigen. Als Ergebnis dieser armenischen Aggression hat es übrigens auch sechs zivile Opfer gegeben. 100 Häuser sind komplett zerstört worden, 500 sind beschädigt worden. Der Status quo muss also verändert werden.

Die Co-Chairs der Minsk-Gruppe haben sich häufig getroffen und dazu auch entsprechende Statements abgegeben. Deutschland hat im Moment den Vorsitz der OSZE inne und hat ebenso ein klares Statement abgegeben und gesagt, dass die Besetzung aserbaidschanischen Staatsgebietes sofort beendet werden muss.

Wir fühlen uns einer friedlichen Streitbeilegung verpflichtet. In Wien hat es im Mai ein Treffen gegeben, das von den Außenministern organisiert worden war, auch von den drei Co-Chair-Ländern. Wir haben gesagt: Wir werden auf verschiedenen Ebenen arbeiten. Wir werden auf jeden Fall substanzielle Verhandlungen fortführen. Wir werden das Waffenstillstandsregime stärken und zusätzliche Möglichkeiten schaffen, um das Waffenstillstandsregime zu stärken. Aber dieser Prozess sollte auf jeden Fall parallel verlaufen.

Wir haben dann auch Fragen der regionalen Sicherheit, der regionalen Zusammenarbeit erörtert, natürlich auch der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Heute Morgen habe ich am Wirtschaftsforum Deutschland-Aserbaidschan teilgenommen. Daran haben führende Vertreter der deutschen Wirtschaft teilgenommen, die ihr Interesse an beiderseitigen Kontakten sehr deutlich gemacht haben, wie dies auch schon vorher von deutschen Vertretern gesagt worden ist. 80 Prozent des Handels mit dem südlichen Kaukasus gehe nach Aserbaidschan, so sagte ein deutscher Wirtschaftsvertreter. Natürlich werden wir gemeinsam auch weitere Gelegenheiten für unsere Unternehmen entwickeln können.

Natürlich ist heute auch die Sicherheit im Bereich der Energie besprochen worden. Wir spielen dabei eine sehr wichtige Rolle, was den großen Gaskorridor angeht, der sich mittlerweile auf sieben Länder - drei von ihnen EU-Mitgliedstaaten - erstreckt.

Ich habe die Bundeskanzlerin außerdem davon in Kenntnis gesetzt, dass wir eine Reihe von Projekten im Bereich des Transports beziehungsweise der Transportwege haben, die dann Asien und Europa durch Aserbaidschan miteinander verbinden. Wir entwickeln unsere Infrastruktur also entsprechend, sodass der kürzeste Weg von Europa nach Asien durch Aserbaidschan gehen wird, und das wird Ende des Jahres fertiggestellt werden.

Wir haben dann auch Themen der politischen Entwicklungen in Aserbaidschan erörtert. Wir fühlen uns den Themen der Demokratie und auch der Menschenrechte eng verpflichtet. Wir haben vor Kurzem Schritte unternommen, um diese Themen auch in die Tat umzusetzen. Alle grundsätzlichen Freiheiten sind bei uns gewährt: die Versammlungsfreiheit, die Medienfreiheit, die Meinungsfreiheit. Es gibt freies Internet, und 75 Prozent unserer Bevölkerung nutzen das Internet. Wir haben Religionsfreiheit. In diesem Jahr findet in Aserbaidschan das Jahr des Multikulturalismus statt. Ich denke, wir sind ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Religionen frei, in Harmonie, in Würde und friedlich leben können.

Herzlichen Dank für Ihre Gastfreundschaft, Frau Bundeskanzlerin, herzlichen Dank für die Gelegenheit, diese Themen mit Ihnen erörtern zu können! Ich hoffe, dass unsere bilaterale Zusammenarbeit auch in Zukunft von Erfolg gekrönt werden wird.

Dann wurden die Fragen von Journalisten beantwortet.

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