Der Mittelfeldspieler vom FC Basel schoss in der 50. Minute das erste EM-Tor Islands. Der Auswahl einer Nation von gut 300.000 Einwohnern, die am Dienstag in Saint-Étienne nicht nur Fußballgeschichte schrieb als kleinster Teilnehmer aller Zeiten, sondern auf Anhieb für die bisher größte Sensation der Ausgabe 2016 sorgte: 1:1 gegen Portugal.
Klar, in der Qualifikation waren schon zwei Siege gegen die Niederlande gelungen. Island qualifizierte sich sogar souverän, debütiert also nicht mal nur wegen der Erweiterung auf 24 Mannschaften. Und natürlich, es gibt immer auch Erklärungen – der Masterplan, den sie vor einiger Zeit für den Fußball auf der Vulkaninsel entwarfen, die vielen guten Coaches, die beheizbaren Spielfelder. Aber im Ernst – 300.000 Leute? Gegen Portugal?
Im engen, stimmungsvollen Stade Geoffrey Guichard wurde Ronaldo schon sein erstes Dribbling nach wenigen Sekunden vom kernigen Kapitän Aron Gunarsson abgegrätscht – gleich Grund zum Jubeln für die rund 8000 isländischen Fans, die locker eine neue Rekordquote aufstellten für EM-Touristen pro Einwohner und sich ihren Spaß machten, und sei es über gelegentliche Fehler von Ronaldo oder Pepe. "Einen effizienten Schauspieler" und "einen weiteren, der in Hollywood arbeiten könnte" – so hatte einer von Islands zwei Trainern, der Schwede Lars Lagerbäck, das Duo von Real Madrid vor ein paar Tagen eingedenk mancher Einlage im Champions-League-Finale bezeichnet.
Das sagte Ronaldo über die Isländer
Ronaldo und Island – das passt nicht so recht zusammen. Im hektischen Anrennen der Portugiesen vergab der dreifache Weltfußballer mit einem Kopfball aus fünf Metern gegen den starken Halldorsson im Tor die größte Chance und mit einem Freistoß in die Mauer auch die letzte. Frustriert flüchtete er sich später in eine beleidigte Arroganz: "So wie sie gefeiert haben, dachte ich, sie hätten die EM gewonnen, unglaublich. Sie haben nicht versucht zu spielen, sondern nur verteidigt, verteidigt, verteidigt. Das zeigt eine kleine Mentalität, so werden sie in diesem Turnier nichts reißen."
Kleine Mentalität? Nichts reißen? Damit konfrontiert mussten bei den Isländern die einen herzlich lachen und die anderen mühsam ein paar Schimpfwörter unterdrücken. Gerissen hatten sie ja gerade eine ganze Menge, auch wenn kurz vor dem Ende durch eine von Rui Patricio erneut glänzend parierte Chance des eingewechselten Alfred Finnbogasson sogar die Chance zum Sieg gab. Und klein?
Ja, natürlich klein. 300.000 Leute. "Was erwartet er denn?", fragte Innenverteidiger Kari Arnason. "Dass Island gegen ihn wie Barcelona spielt? Er ist einfach nur ein schlechter Verlierer."
Dagur Sigurdsson hat Ronaldo deswegen flugs mal veräppelt. Der Handball-Bundestrainer veröffentlichte bei Twitter ein selbst gedrehtes Handy-Video. Sigurdsson ist darauf im Stadion von Saint-Etienne mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu sehen, unter ihm schleicht der dreimalige Weltfußballer Ronaldo enttäuscht vom Feld.
Der Isländer Sigurdsson ist großer Fußball-Fan und hat früher selbst ganz ordentlich gespielt. Im Januar hatte er die deutschen Handballer in Polen sensationell zum EM-Titel geführt.
Quelle : welt.de
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