Deutschlands bröselnde Brücken

  16 Juni 2016    Gelesen: 586
Deutschlands bröselnde Brücken
Mehr als 2500 Brücken gelten in Deutschland als marode. Sie müssen dringend saniert werden. Zu ihnen gehört auch die Talbrücke Schraudenbach an der A7, wo am Mittwoch ein Teil des Brückenneubaus einfach in sich zusammenstürzte.
Der Schock sitzt tief: Ein Teil des Ersatzneubaus der Talbrücke Schraudenbach stürzt am Mittwochnachmittag in sich zusammen. Ein Arbeiter kommt ums Leben. Die Talbrücke nahe Werneck (Landkreis Schweinfurt) ist mehr als 51 Jahren alt und gehört zu den mehr als 2500 Brückenabschnitten, die in einem mangelhaften oder gar ungenügenden Zustand sind. Derzeit wird sie laut Bayerischem Rundfunk für knapp 15 Millionen Euro erneuert - unter anderem wegen Materialermüdung des Spannstahls und mangelnder Tragfähigkeit. Für den Schwerverkehr war die Brücke längst gesperrt.

Der Bau neuer oder die Renovierung alter Brücken steht anderorts noch bevor: Deutschlandweit muss fast jeder siebte Brückenquadratmeter repariert werden. Das sind mehr als 3,8 Millionen Quadratmeter. Die Behörden bewerten ihre Stand- und Verkehrssicherheit mit den Noten "nicht ausreichend" oder gar "ungenügend". Das geht aus Daten des Bundesverkehrsministeriums der Länder hervor.

Die Daten gab das Verkehrsministerium übrigens nicht leichtfertig heraus. Einen Teil der Zahlen hatte die "Welt" mit einer Klage im vergangenen Herbst erstritten. Weitere Datensätze erhielten die Grünen erst nach einer parlamentarischen Anfrage. Erst dann wurden detaillierte Angaben zum Zustand der 39.550 Brücken und 51.400 Brückenabschnitte auf Autobahnen und Bundesstraßen öffentlich zugänglich.

Talbrücke hatte Note "ungenügend"

Den Daten zufolge sind vor allem große, viel befahrene Brücken in einem schlechten Zustand. In Nordrhein-Westfalen wurde die A1-Rheinbrücke bei Leverkusen (Note: "ungenügend") schon mehrfach gesperrt und sorgte für einen Verkehrsinfarkt in der Region. Die schleswig-holsteinische Rader Hochbrücke (Note: "nicht ausreichend") der Autobahn 7 über den Nord-Ostsee-Kanal musste zwischenzeitlich für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen gesperrt werden. Auch dort hatten Prüfer massive Schäden entdeckt. Zwischen Mainz und Wiesbaden musste die Schiersteiner Brücke (Note: "nicht ausreichend") für schwere LKW gesperrt werden. Auch die Talbrücke Schraudenbach, an der nun das Unglück mit einem Toten und 15 teils schwer Verletzten passierte, bekam einst die Note "ungenügend".

Hauptgrund für den raschen Verfall der Brücken ist der stark gestiegene Warentransport. Die meisten Bauwerke wurden in den 1960er oder 1970er Jahren errichtet. Eine Zeit, in der es noch wesentlich weniger Güterverkehr gab. Entsprechend niedrig waren die Standards in puncto Tragfähigkeit. Die meisten Brücken wurden aus günstigem Spannbeton gebaut. Heute zerbröseln die Bauten unter dem Gewicht tonnenschwerer LKW.

Folge des jahrelangen Sanierungsstaus

Der Sanierungsstau bei Brücken kommt nicht von Ungefähr: Nach Angaben des ADAC wurden zwischen 2001 und 2011 jährlich nur rund 360 Millionen Euro in den Erhalt deutscher Fernstraßenbrücken investiert. Der Finanzierungsbedarf habe jedoch eher bei 600 Millionen Euro gelegen. So habe sich der Verfall Jahr für Jahr verschlimmert, monierte der Autoklub. Immerhin hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt ein Sonderprogramm zur Brückenmodernisierung auferlegt. Für die Jahre 2015 bis 2018 stehen insgesamt zwei Milliarden Euro zur Verfügung.

So entsteht also auch an der A7 in Unterfranken ein Brücken-Neubau: Aktuell ist die Fahrbahn Richtung Fulda abgerissen. Dieser Abschnitt soll nach bisherigen Planungen im Herbst fertig werden, danach soll die andere Brückenhälfte mit der Fahrbahn Richtung Würzburg abgerissen und erneuert werden. Für Ende 2017 ist der Abschluss des Neubaus vorgesehen. Auch nach dem Unfall wird laut BR an diesen Plänen nicht gerüttelt. Bislang ist keine Baueinstellung vorgesehen, schreibt der Sender und beruft sich auf das Innenministerium als oberste Baubehörde.

Quelle: n-tv.de

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