Zum Leben oft zu wenig

  20 Juni 2016    Gelesen: 609
Zum Leben oft zu wenig
Trotz Mindestlohn liegt das Einkommen von Singles in Großstädten oft unter dem Existenzbedarf. Besonders die hohen Mieten sorgen dafür, dass das Geld kaum reicht.
Für Geringverdiener in vielen westdeutschen Großstädten reicht das eigene Einkommen wegen hoher Mieten oft nicht zum Leben. Daran ändert auch ein Vollzeitjob mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde nichts, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, die der Rheinischen Post vorliegt.

Eine alleinstehende Person mit einer Wochenarbeitszeit von 37,7 Stunden und einem Mindestlohn von 8,50 Euro erhält demnach einen monatlichen Bruttolohn von 1.388,62 Euro. Netto blieben dem Papier zufolge 1040,27 Euro für die Lebenshaltungskosten übrig. Der durchschnittliche Existenzbedarf alleinstehender Erwerbstätiger betrage jedoch 1.053 Euro und läge damit um 13 Euro über einem solchen Gehalt mit Mindestlohn. Der Existenzbedarf setzt sich zusammen aus dem Hartz-IV-Regelsatz von 404 Euro, den durchschnittlichen Kosten der Unterkunft von 349 Euro sowie dem Erwerbstätigenfreibetrag von 300 Euro.

In einzelnen Städten ist die Lücke zwischen Bedarf und Mindesteinkommen dem Bericht zufolge noch größer: Ein alleinstehender Hartz-IV-Empfänger in München habe Anspruch auf einen Mietzuschuss von 492 Euro, so das Papier. Dieser Betrag liege um 156 Euro über dem Existenzbedarf aus einem Vollzeitjob mit Mindestlohn. In Düsseldorf zahle das Jobcenter einen durchschnittlichen Mietzuschuss von 395 Euro. Auch hier bringe ein Mindestlohnjob 46 Euro zu wenig ein.

Der Linken-Politiker Klaus Ernst leitet aus den hohen Mieten eine Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns ab. "In großen Teilen des Westens und in Ballungsgebieten hängt man mit 8,50 Euro weiter am Tropf des Staates", sagte er der Rheinischen Post. "Der Mindestlohn muss ganz deutlich höher liegen, als derzeit durch die Mindestlohnkommission angedacht wird."

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, schlägt dagegen vor, nicht den Mindestlohn zu erhöhen, sondern die Sozialabgaben für Geringverdiener zu senken. "Denn nur, wenn es wieder attraktiver wird für Unternehmen, Menschen einzustellen und in sie zu investieren, werden Produktivität und Einkommen gerade der Geringverdiener steigen können", sagte er.


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