EZB sieht Gefahr für deutsche Banken wegen Schiffs-Krediten

  23 Juni 2016    Gelesen: 708
EZB sieht Gefahr für deutsche Banken wegen Schiffs-Krediten
Die EZB nimmt Banken unter die Lupe, die Kredite an Reeder und Handelsgesellschaften vergeben haben. Offenbar schätzt die Zentralbank viele dieser Papiere als besonders ausfallgefährdet ein. Betroffen sind mit der NordLB, der HSH Nordbank und der Bremer Landesbank gleich drei deutsche Landesbanken. Die Probleme, so ein Manager, könnten nicht länger auf die lange Bank geschoben werden.
Schiffsbanken müssen sich angesichts der Flaute auf hoher See auf weitere Auflagen der EZB einstellen. Die Notenbank hat von zahlreichen Finanzinstituten umfangreiche Daten über Schiffskredite und Rücklagen für ausfallgefährdete Darlehen angefordert, wie fünf mit dem Vorgang vertraute Personen am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Dies sei nur der „erste Schritt“ einer großangelegten Überprüfung von Schiffsportfolien, erklärte die Europäische Zentralbank (EZB) in einer E-Mail, die Ende vergangener Woche bei zahlreichen europäischen Geldhäusern einging, wie ein Insider erklärte. „Es ist eine sehr umfangreiche Anfrage.“

Die Schifffahrtsbranche kämpft seit vielen Jahren mit Überkapazitäten. Zuletzt hat sich die Lage wegen des schwächeren Wachstums der Weltwirtschaft und des daraus folgenden mauen Welthandels noch einmal verschärft. Deutschen Instituten wie der HSH Nordbank, der NordLB und der Commerzbank, die Milliarden an die schwächelnde Branche verliehen haben, macht das schwer zu schaffen. Die NordLB erwartet dieses Jahr zum ersten Mal seit 2009 wieder rote Zahlen. Und bei der Bremer Landesbank schmilzt die Kapitaldecke wegen Verlusten in der Schifffahrt sogar so stark, da sie vom Mehrheitseigner NordLB vermutlich komplett geschluckt werden muss.

Von vielen deutschen Banken hat die EZB bereits 2014 im Rahmen ihres Bilanzchecks höhere Rücklagen für ausfallgefährdete Schiffskredite verlangt. Nun fürchten einige Geldhäuser eine erneute Verschärfung der Vorgaben. Die EZB sehe Handlungsbedarf, weil sich die Lage an den Schifffahrtsmärkten seit Herbst 2015 noch einmal deutlich verschlechtert habe, erklärte ein Insider. Die Notenbank habe von den Banken deshalb eine lange Liste von Daten angefordert – unter anderem zu ihrem Engagement in der Schifffahrt, zum Engagement in bestimmten Schiffsegmenten, zum Buch- und Marktwert von Schiffen sowie zu vorgenommenen Abschreibungen. Die Geldhäuser hätten gut einen Monat Zeit, um die Daten nach Frankfurt zu liefern.

Die Banken rätseln noch darüber, welche Schritte die EZB nach der Erhebung und Auswertung der Daten unternehmen wird. Manche Experten halten es für wahrscheinlich, dass sie weitere Abschreibungen fordert. „Man kann die Probleme nicht weiter vor sich herschieben“, sagte Klaus Stoltenberg, Chef der Schiffsfinanzierung bei der Deutschen Bank, kürzlich bei einer Branchenkonferenz in Athen. „Die Leute müssen sich der Realität stellen“ Geldhäuser müssten in den nächsten ein bis zwei Jahren weiter Rückstellungen für ausfallgefährdete Schiffskredite bilden und die Verluste verdauen können.

In Deutschland stehen wegen der Schiffskrise besonders die HSH Nordbank und die NordLB unter Druck, wie ein hochrangiger Bankenaufseher Reuters sagte. Die Commerzbank leide ebenfalls, könne die Belastungen aber besser abfedern, da sie in anderen Geschäftsbereichen deutlich mehr Kredite vergeben habe als die zwei Landesbanken. Alle drei Geldhäuser und dieEZB wollten sich zur neuen Prüfung nicht äußern.

Wie hart die EZB beim Thema Schiffskredite durchgreifen kann, hat Stephan-Andreas Kaulvers kürzlich in einem Gespräch mit Radio Bremen anschaulich beschrieben. Er und seine Management-Kollegen seien Ende März nach Frankfurt bestellt worden, sagte der Chef der Bremer Landesbank. „Die EZB hat uns klargemacht, dass sie erwartet, dass die Parameter zur Schiffsbewertung deutlich verschärft werden.“ Mündlich und in einem dreiseitigen Papier habe die Bankenaufsicht die Bremer aufgefordert, zusätzliche Wertberichtigungen von 700 Millionen Euro vorzunehmen. „Das kam für uns wie ein Blitz aus dem berühmten blauen Himmel.“ Wegen der EZB-Vorgabe erwartet die Bremer Landesbank im laufenden Jahr nun einen Verlust von 350 bis 400 Millionen Euro – und ist deshalb wohl gezwungen, unter das Dach des Mehrheitseigners NordLB zu schlüpfen.

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