In Göttingen wird Jagd auf Burschenschafter gemacht

  23 Juni 2016    Gelesen: 385
In Göttingen wird Jagd auf Burschenschafter gemacht
Die Angreifer kommen vermummt. Ihr Ziel: Göttinger Verbindungsstudenten. Die Polizei sucht nun mit einer Sonderermittlungsgruppe nach den Unbekannten, die ihre Opfer teils brutal verprügeln.

Die bunte Schärpe wurde dem Studenten zum Verhängnis. Vermutlich, weil die Täter ihn daran als Mitglied einer Verbindung erkannten. "Scheiß Burschi" riefen die vermummten Angreifer, als sie nachts auf offener Straße über den 29-Jährigen herfielen. Er wurde geschlagen und getreten. Auch seine Begleiterin wurde getreten. Beide mussten mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden.

"In Göttingen ist das kein Einzelfall", sagt Kripo-Chef Volker Warnecke. "Die Attacken auf Verbindungen und deren Mitglieder häufen sich." Seit Herbst 2015 hat die Polizei ein Dutzend Körperverletzungen, mehrere Brandstiftungen und zahlreiche Sachbeschädigungen registriert. "Die Gewaltanwendung gegen Burschenschafter ist besorgniserregend", bestätigt der Sprecher der Göttinger Staatsanwaltschaft, Andreas Buick.

Erst vor wenigen Tagen wurde wieder ein 20-jähriger Verbindungsstudent von Vermummten angegriffen. Sie sprühten ihm eine unbekannte Flüssigkeit ins Gesicht und verletzten ihn durch Tritte in den Unterleib. "Die Täter gehen zum Teil sehr brutal vor", sagt Warnecke. Dass ein Verbindungshaus dieser Woche mit Fäkalien, Senf und Ketchup beschmiert wurde, ist im Vergleich dazu eine Randnotiz.

Attacken wie in Göttingen gibt es nirgends


Andere traditionelle Universitätsstädte haben solche Probleme nicht. So sind nach Angaben der örtlichen Polizeidienststellen weder in Heidelberg noch in Tübingen oder Münster vergleichbare Angriffe registriert worden. In Marburg sprühten im Februar zwar vermutlich politisch motivierte Täter einem Verbindungsstudenten Reizgas ins Gesicht. Doch Attacken in ähnlichem Ausmaß wie in Göttingen gibt es nach Erkenntnissen des niedersächsischen Landeskriminalamtes (LKA) sonst nirgends.

Einzelne Göttinger Verbindungen wollen sich auf Anfrage nicht zu den Vorfällen äußern. Farbentragende Studenten sähen sich vielfach Anfeindungen ausgesetzt, sagte ein Sprecher des Verbandes "Deutsche Burschenschaft". "Und Göttingen ist das härteste Pflaster." Ähnlich sieht man es beim "Cartellverband katholischer Verbindungen" (CV), der als liberal-konservativ gilt. "Es gibt solche Ausfälle auch in anderen Städten, aber nicht in dem Ausmaß wie in Göttingen", sagte CV-Sekretär Richard Weiskorn.

Die Staatsschutzabteilung der Göttinger Polizei geht davon aus, dass die Stadt bei "Straftaten zum Nachteil von Verbindungsstudenten bundesweit an der Spitze" steht. Die oppositionelle CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag spricht bereits von "No-Go-Areas" für Verbindungsstudenten.

Anhaltspunkte, wer die Täter sind

Wer hinter den Angriffen steckt, ist bisher nicht geklärt. Es gebe aber zahlreiche Anhaltspunkte dafür, "dass die Täter aus dem linksextremen Spektrum stammen", sagt der Kripo-Chef. Offenbar habe die seit jeher starke linke Szene in Göttingen ihren "Kampf gegen Rechts" verstärkt. Vermutlich, weil auch zwei Verbindungsstudenten zu einem sogenannten Freundeskreis gehörten, der Kontakte zu Neonazis unterhält, "wirft die linke Antifa jetzt Rechtsextremisten und alle Verbindungsstudenten in einen Topf", vermutet Warnecke.

Zwar rechnet auch die Polizei einen kleinen Teil der mehr als 40 Verbindungen in Göttingen der rechten Szene zu. Allerdings seien die meisten eher bürgerlich-konservativ, einige auch liberal. Die Polizei hat auf die Häufung der Übergriffe reagiert und eine spezielle Ermittlungsgruppe eingerichtet. Nennenswerte Erfolge hat sie noch nicht vorzuweisen.

Gelegentlich gibt es auch Gewalt von der anderen Seite. Jüngst verurteilte das Amtsgericht Göttingen einen 22-jährigen Verbindungsstudenten zu einer Geldstrafe in Höhe von drei Monatseinkommen. Aus einem Verbindungshaus hatte er mit einer Druckluftwaffe mehrere Dutzend Schüsse auf ein gegenüber liegendes linkes Wohnprojekt abgefeuert.

Quelle: n24.de

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