"Die Atmosphäre war ernsthaft, kameradschaftlich und von dem Bewusstsein getragen, dass das ein eher trauriger Anlass ist, aber dass es eine Realität ist," sagte die Kanzlerin. Alle täten gut daran, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.
Merkel sagte, sie erwarte fest, dass Großbritannien nun einen Austrittsantrag nach Artikel 50 des EU-Vertrages stellen werde, auch wenn der Zeitpunkt noch nicht feststehe. "Es ist nicht die Stunde von wishful thinking, sondern es ist die Stunde des Betrachtens der Realität", so die Kanzlerin.
Die EU-Partner forderten den britischen Premier David Cameron auf, so schnell wie möglich Klarheit über das weitere Vorgehen zu schaffen. "Wir haben nicht Monate Zeit zum Nachdenken", sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Bevor die britische Regierung ihren Austrittswunsch nicht offiziell in Brüssel mitteile, werde es keine Verhandlungen geben.
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Cameron selbst zog nach der Debatte eine positive Bilanz. Er bezeichnete den ersten Tag des Gipfels als ein "positives, konstruktives, ruhiges und zielgerichtetes Treffen".
Cameron entschuldigte sich für das Ergebnis des Brexit-Referendums. Dass er die Abstimmung zugelassen habe, bereue er nicht, das Ergebnis tue ihm jedoch leid. Nun sei er mehr über das zukünftige Verhältnis seines Landes zur EU besorgt.
Cameron stellt Bedingungen
Die künftige Beziehung zwischen Großbritannien und der EU sei, so Cameron, stark davon abhängig, ob sich Arbeitskräfte zwischen Großbritannien und der EU weiterhin frei bewegen dürften. Der britische Premier will sich demnach für eine enge wirtschaftliche und politische Bindung zwischen Großbritannien und dem Staatenbund einsetzen. Vertreter der EU sagten, dass der Zugang der Briten zum europäischen Markt davon abhänge, ob sie die Bewegungsfreiheit für Waren, Geld, Dienstleistungen und Menschen anerkennen. Der Zugang zum europäischen Kapitalmarkt ist gerade für die Finanzbranche in England wichtig.
EU-Gipfelchef Donald Tusk sagte, die EU-Chefs wollten Einzelheiten über die Absichten der britischen Regierung wissen. Cameron habe deutlich gemacht, dass die Entscheidung über den Austrittsantrag von der neuen Führung in seinem Land gefällt werden solle – das bedeutet also frühestens im Herbst, falls es beim Londoner Zeitplan bleiben sollte. Die EU habe Verständnis dafür, "dass einige Zeit nötig ist, damit sich der Staub im Vereinigten Königreich legen kann", sagte Tusk.
Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, warnte in der Spitzenrunde vor den wirtschaftlichen Folgen eines Brexit. Das Wachstum in der Eurozone könne in den nächsten drei Jahren um insgesamt 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte geringer ausfallen als bisher angenommen, warnte der mächtige Notenbanker laut Diplomaten. Ein geringeres Wachstum in Großbritannien werde Auswirkungen auf die Eurozone als wichtigsten Handelspartner der Briten haben.
Am Mittwoch wollen die 27 EU-Chefs erstmals ohne den britischen Premier tagen, im September soll es ein weiteres Treffen zur Zukunft Europas geben.
Bei der Brexit-Abstimmung in der vergangenen Woche hatten 51,9 Prozent der Wähler für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU gestimmt. Premier Cameron hatte daraufhin seinen Rücktritt für den Herbst angekündigt.
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