Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Ankündigung der EU-Kommission scharf zurückgewiesen, das Ceta-Handelsabkommen mit Kanada ohne Beteiligung des Bundestages durchsetzen zu wollen. "Jetzt zu beschließen, dass die nationalen Parlamente zu diesem Handelsabkommen nichts zu sagen haben, ist unglaublich töricht", sagte der Vizekanzler und SPD-Chef dem "Tagesspiegel" mit Blick auf Äußerungen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Das "dumme Durchdrücken von Ceta" werde alle Verschwörungstheorien bei anderen Freihandelsabkommen wie TTIP "explodieren" lassen. "Wenn die EU-Kommission das bei Ceta macht, ist TTIP tot", warnte Gabriel. Ohne Abstimmung im Bundestag werde er im EU-Handelsministerrat nicht die Hand für Ceta heben.
EU-Kommissionschef Juncker hatte zuvor angekündigt, dass seine Behörde das Ceta-Abkommen gegen den Willen von Mitgliedstaaten wie Österreich und Deutschland als reines EU-Abkommen einstufen will. Dies würde dazu führen, dass zwar die Regierungen und das EU-Parlament an der Ratifizierung beteiligt werden müssen - nicht aber die nationalen Parlamente. Angesichts der durch den Brexit nochmals verschärften Glaubwürdigkeitskrise der EU ist das Beharren der Kommission auf ihrem Plan bemerkenswert.
Auch Merkel will Ceta-Befassung des Bundestags
Auch Kanzlerin Angela Merkel plädiert für die Befassung des Bundestags mit Ceta. "Wir werden den Bundestag um Meinungsbildung bitten", sagte sie am Dienstagabend in Brüssel. Es gebe gute Gründe, die nationalen Parlamente damit zu befassen. Über diese Auffassung Merkels hatte zuvor schon der SPIEGEL berichtet.
Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern sagte: Das Abkommen "hier in einem schnellen Ruckzuck-Verfahren durchzusetzen", koste die Europäische Union "viel an Glaubwürdigkeit". Der Sozialdemokrat Kern sagte weiter: "Im Sinne und im Interesse der Kommission darf man sowas nicht tun."
Kritik am Vorgehen der Kommission kommt auch aus dem Europaparlament. "Wenn man diese Brexit-Wirren jetzt nutzt, um Ceta an den nationalen Parlamenten vorbei zu beschließen, (...) dann erzeugt man damit genau die Europaskepsis, die die Europäische Union gefährdet", sagte der deutsche Grünen-Politiker Sven Giegold im Deutschlandradio Kultur. Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Toni Hofreiter, sagte: "Junckers Versuch, die Parlamente auszuspielen, ist ein Affront gegenüber den europäischen Bürgerinnen und Bürgern und den Parlamenten."
Quelle: spiegel.de
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