Teurer Sonnenofen

  09 Juli 2016    Gelesen: 481
Teurer Sonnenofen
Der internationale Fusionsreaktor Iter ist das größte Forschungsprojekt der Welt. Der „Sonnenofen“ soll die Antwort auf alle Energiefragen liefern. Doch stetig steigende Kosten und Verzögerungen im Zeitplan machen dem Vorhaben zu schaffen.
Das „Großprojekte-Syndrom“ hat wieder zugeschlagen. Betroffen ist ein alter Bekannter, der internationale Fusionsreaktor „Iter“. Das Großgerät, das in Frankreich nordöstlich von Aix-en-Provence allmählich Gestalt annimmt und demonstrieren soll, dass die Energiegewinnung durch Kernfusion auch auf Erden möglich ist, scheint fest im Griff der Kostenspirale. Um rund vier Milliarden Euro soll Iter teurer werden und erst Ende 2025 fertiggestellt sein, fünf Jahre später als geplant. Was seit langem vermutet und immer wieder kolportiert worden ist, hat nun Iter-Chef Bernard Bigot bestätigt.

Dem neuen Zeit- und Kostenplan hätten alle an dem Forschungsprojekt beteiligten sieben Partner - die Europäische Union, China, Indien, Japan, Korea, die Vereinigten Staaten und Russland - in der letzten Sitzung des Iter-Rats zugestimmt. Als Grund für die Kostensteigerung und den Aufschub wird das altbekannte Argument genannt: „Verzögerungen“. Tatsächlich lag man bereits im Jahr 2014 zwei Jahre hinter dem ursprünglichen Termin für die erste Plasmazündung 2020 zurück. Der neue Zeitplan ist deshalb eine längst fällige Korrektur. Dass man die Kosten offenkundig noch immer nicht im Griff hat, ist dagegen beunruhigend. Vor zwei Jahren sprach man bereits von 15 Milliarden Euro, nun kratzt man an der 20-Milliarden-Marke. Das entspricht einer Kostensteigerung um einen Faktor Vier gegenüber den Schätzungen zu Beginn des Projekts in den achtziger Jahren.

USA bleiben an Bord

Hinzu kommen sollen laut Bigot noch einmal 600 Millionen Euro für weitere Ausstattungen während der ersten Experimentalphase bis etwa 2035. Zu hoffen ist, das man bis dahin das Sonnenfeuer mit Deuterium- und Tritiumkernen gezündet hat und die Kernfusion für mehrere Minuten am Laufen halten kann, was ja der eigentliche Sinn und Zweck von Iter ist. Wünschenswert wäre es auch, wenn die Iter-Partner bis dahin nicht das eigentliche Ziel aus den Augen verloren haben und das Schiff noch eilig verlassen.

Mit dem Ausstieg haben kürzlich die Vereinigten Staaten gedroht. Das amerikanische Energieministerium empfahl aber dringend, bis mindestens 2018 an Bord zu bleiben. So schluckt man jenseits des Atlantiks die bittere Kostenpille. Und bei Iter kann man aufatmen. Vorerst.


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