Deutsche Bau-Tätigkeit trotz Flüchtlingen rückläufig

  11 Juli 2016    Gelesen: 651
Deutsche Bau-Tätigkeit trotz Flüchtlingen rückläufig
Die Produktion deutscher Unternehmen fiel im Mai überraschend schwach aus. Besonders verwundert der Rückgang bei der Bautätigkeit, der trotz der starken Einwanderung von Flüchtlingen seit Jahresbeginn zu beobachten ist. Die Bundesregierung hatte angekündigt, für Flüchtlinge und Migranten Unterkünfte schaffen zu wollen.
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Mai gedrosselt. Industrie, Baubranche und Energieversorger stellten zusammen 1,3 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag laut Reuters mitteilte. Dies ist der stärkste Rückgang seit August 2014. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit Stagnation gerechnet. Im April hatte es noch ein Plus von 0,5 Prozent gegeben. Die Industrie allein produzierte im Mai 1,8 Prozent weniger. Im Energiesektor kletterte dagegen die Produktion um 3,9 Prozent, im Baugewerbe sank sie um 0,9 Prozent.

Insbesondere der erneute Rückgang bei der Bautätigkeit lässt aufhorchen, weil sich damit ein seit Jahresbeginn zu beobachtender Trend fortsetzt – obwohl Deutschland in den letzten Monaten des vergangenen Jahres über eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat. Ökonomen hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass sich die Einwanderung positiv auf das deutsche Wirtschaftswachstum auswirken werde. Insbesondere die Bauindustrie, so die Argumentation, werde einen deutlichen Aufschwung verspüren.

Die Bauwirtschaft gilt als Gradmesser für die Entwicklung der Gesamtwirtschaft – sie deutet demnach eine Abkühlung an. Bauinvestitionen stellen dem Schweizer Finanzexperten Michael Bernegger zufolge statistisch 60 bis 80 Prozent der Bruttoinvestitionen dar. Sie sind für große Wachstumsschübe der Volkswirtschaften maßgeblich. Sie entfalten hohe Kopplungs- und Multiplikatoreffekte und üben direkt und indirekt eine hohe Beschäftigungswirkung aus. Die erteilten Baubewilligungen gehen der effektiven Bauinvestitionstätigkeit über einen Zeitraum bis zu zwei Jahre voraus, so dass damit die zukünftige Bautätigkeit einigermaßen eingeschätzt werden kann.

Bernegger weist auf die Parallelen zwischen rückläufigem Wohnungsbau und wirtschaftlicher Abschwächung in ganz Europa hin: „Die Baubewilligungen in der Eurozone liegen auf gerade mal einem Drittel des Niveaus beim Start des Euro, und auf einem Viertel des Niveaus von 2006/07. Dieses miserable Konjunkturbild ist kein Zufall. Es ist, ganz abgesehen von den faulen Krediten aus diesem Sektor, für die Banken weder attraktiv noch möglich, langfristige Investitionskredite oder Hypotheken zu vergeben, weder in den Peripherie- noch in den Kernländern der Eurozone. Dem ist auch mit noch etwas tieferen Zinsen nicht beizukommen, im Gegenteil. Deutschland hat eine vergleichsweise gute Konjunkturentwicklung – zunehmende Beschäftigung, steigende Realeinkommen, starke Zuwanderung, seit 2012 aus der Peripherie Europas, jetzt durch die Flüchtlinge, die Mieten (Neu-, nicht Bestandsmieten) in den Städten legen seit Jahren explosionsartig zu. Trotz solch guter Voraussetzungen steigen die Baubewilligungen nur schwach an und sind weit vom Niveau der 1990er Jahre entfernt.“

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