Wie die Gold-Berichterstattung in den Medien funktioniert, ist leicht zu erklären: Steigt der Preis rasant, kommen die Jubelmeldungen. Dann heißt es: „Jetzt Gold kaufen!“ und „Nur Gold ist sicher“. Fällt der Preis dramatisch, bricht die Depression aus: „Gold ist kein sicherer Hafen mehr“. Oder sogar: „Gold ist tot“. Und dazwischen? Was passiert, wenn der Preis einmal hinaufgeht und einmal hinunter? Was, wenn er langsam steigt oder fällt? Dann geschieht nicht viel, dann bekommt das gelbe Metall kaum Aufmerksamkeit. Das ist aber schade: Denn es sind diese Perioden der Langeweile, in denen man zulangen sollte.
In Asien ist es anders
Gold ist heute kein Geld mehr, keine Währung. Es ist einfach Gold – ein erstklassiges, extrem liquides und gut transportables Medium zur Abspeicherung von Vermögen. Gold, das die Menschen schon vor 5000 Jahren fasziniert hat, wird auch in 50 Jahren etwas wert sein. Dazwischen kann man es in einen Safe legen und vergessen. Das ist die Stärke von Gold: Es wird überleben, komme, was wolle.
Damit spielt es eine ganz eigene Rolle in einem Portfolio, die einer Versicherung, wenn man so will. Aber die Berichterstattung passt nicht dazu. Von den Aktien und anderen Wertpapieren her sind die Börsen und Medien auf steigende Kurse fixiert. Generell gilt: Die westliche Öffentlichkeit wird ein Asset, dessen Preis nur stabil bleibt oder sogar sinkt, eher ignorieren.
Aktuell ist all das freilich kein Problem. Der Goldpreis hat seit Jahresbeginn eine Rallye hingelegt – und ist um fast 30 Prozent gestiegen. Brexit, Bankenkrise, Terror: Der „sichere Hafen“ sieht wieder sehr attraktiv aus. Die Medien rufen auch wieder zum Goldkauf aus – und die Analysten passen ihre Prognosen an: 1440 Dollar noch heuer, 1500 Dollar, 1600 Dollar, 2300 Dollar bis 2018.
Wer Gold aber ernst nimmt, als Asset, das dem Sparbuch viel ähnlicher ist als der Aktie, der sollte sich jetzt fragen: Wie tief kann Gold noch sinken?
Die Antwort auf diese Frage fällt, wie alle Kursziele, unter die Kategorie Kaffeesud-Leserei. Aber die Frage ist dennoch berechtigt – wer erfolgreich Gold akkumulieren will, kommt mit einem „westlichen Hirn“ nicht weiter.
In China, Japan und anderen asiatischen Ländern ist das anders. Dort wird nicht lang nachgedacht, ob man Gold kaufen soll – sondern nur wann. Gold ist, neben der vielerorts großen traditionellen Bedeutung, als Schutz vor der Papiergeld-Inflation beliebt. Dazu kommt, dass etwa der chinesische Goldmarkt von Peking aggressiv liberalisiert wird und die Regierung ihre Bürger auch zum Goldkauf anregt. Das Ziel ist die Stärkung des Standorts sowie die Unterstützung der Landeswährung Yuan auf ihrem Weg zu einer wichtigen Weltwährung. Deswegen sieht die Welt für Goldkäufer in Asien ganz anders aus. Plötzlich wirken hohe Preise abschreckend, und fallende Preise werden als Kaufgelegenheiten wahrgenommen. Nehmen wir Japan als Beispiel: Dort ist der Goldpreis vor dem Brexit gefallen – und die Japaner haben zugegriffen. Nach dem Brexit ist Gold auch in Yen wieder gestiegen. Die Folge: Netto verkaufen die Japaner derzeit eher Gold, um Gewinne einzustreichen. Das heißt aber nicht, dass nicht auch viele Menschen derzeit in den Markt einsteigen – aus Angst vor hoher Inflation und Währungsabwertung. Wer noch gar kein Gold hat, kann im Krisenfall nicht auf günstige Kurse warten.
Von 800 auf 5000 Dollar?
Trotzdem ist es angesichts der aktuellen Rallye seit Jänner opportun, sich zu fragen: was, wenn es wieder bergab geht? Nehmen wir den streitbaren Analysten Martin Armstrong. Er sieht derzeit einen „falschen Bullenmarkt“, der sich am Ende als Täuschung herausstellen wird. Wenn Armstrong recht behält, könnte der Goldpreis gegen Jahresende oder Anfang 2017 wieder zu fallen anfangen.
Dann kommen wieder die negativen Artikel: „Gold ist endgültig tot!“ Im Extremfall wäre ein Abverkauf bis auf 800 Dollar pro Unze möglich, so Armstrong. Aber dann wäre ein echter Boden ausgebildet – und der Preis könnte auf bis zu 5000 Dollar steigen, lautet seine Analyse. Heißt: Wer sich für Gold interessiert sollte in der nächsten Depressionsphase aufpassen – und idealerweise kaufen, wie es die Asiaten tun: wenn Gold am Boden liegt.
Quelle: diepresse.com
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