Die Kultur Schaffende

  19 Juli 2016    Gelesen: 599
Die Kultur Schaffende
Ob Goethe oder Humboldt, Bauhaus oder Luther – nach drei Jahren im Amt ist klar: Wenn es um ihre Herzensangelegenheit geht, zögert Staatsministerin Grütters nicht lange.
Mit Bauhelm sieht sie dann natürlich besonders dynamisch aus. Eine Begehung des Humboldt-Forums: Der Morgen ist kalt, der Wind pfeift auf Deutschlands größter Kulturbaustelle durch die Innenhöfe, die einmal italienische Piazza-Qualitäten entfalten sollen. Zu sehen gibt es nichts, die Journalisten sollen zuhören. Wenn die Kulturstaatsministerin vom Humboldt-Forum spricht, ist noch mehr Leidenschaft im Spiel als bei ihren anderen Großthemen. Monika Grütters hat das Projekt zu einer Herzensangelegenheit gemacht. Aber was wäre das nicht in ihrem Portefeuille? Und schließlich, wie der Gelehrte Alexander von Humboldt meinte, hängt alles mit allem zusammen.

Auf nacktem Betonboden, das Mikrofon funktioniert nicht, gibt Grütters eine Personalentscheidung bekannt. Die Berliner Kulturmanagerin Lavinia Frey soll das Kulturprogramm im Humboldt-Forum leiten. Das musste jetzt schnell gehen. Zwar ist mit der Eröffnung nicht vor Herbst 2019 zu rechnen, man spricht hinter den Kulissen von einem soft opening mit symbolischen Akten. Aber auf dem Humboldt-Forum lastet hoher Erwartungsdruck.

Den spürt auch das Triumvirat der Gründungsintendanten, angeführt von dem Museumsmagier Neil MacGregor. Monika Grütters hat ihn aus London nach Berlin geholt, die Bundeskanzlerin hat ihr dabei geholfen. Auch diese Aktion wirkte wie ein Coup. Dass der Schotte MacGregor sich jetzt nach dem Brexit-Desaster in Berlin, bei einer ruhigen Politikerin wie Angela Merkel, gut aufgehoben fühlt, kann nicht überraschen.

Eigener Politikstil

Monika Grütters hat ihren eigenen Politikstil. Sie kann ansatzlos Reden zur Lage der Kulturnation halten. Wenn der Wortfluss sie dann auch davonträgt, so ist sie doch ausgesprochen entscheidungsfreudig. Der Direktor des Deutschen Historischen Museums musste gehen, weil das Haus in Schieflage geraten war. Da zögerte die Staatsministerin nicht. Schon gar nicht bei der Frage von Nazi-Raubkunst und Provenienzforschung. Eine Task Force und eine Forschungsstelle wurden eingerichtet. Grütters handelt, wo andere Kulturpolitiker gewartet oder nur geredet haben. Dabei entsteht manchmal der Eindruck, als sei der erste Schritt schon die Lösung des Problems.

Sie kann auch zuhören. Die gebürtige Münsteranerin und Katholikin ist seit Jahrzehnten fest verankert in der Berliner Kultur. Die 54-Jährige wurde schon auf der Landesebene von der Kulturszene als kompetent und engagiert geschätzt – mehr als in ihrer eigenen Partei, der CDU. Der fehlt eine Spitze, die wie Grütters selbstverständlich Großstadt mit konservativer Haltung verbindet. Berlins Christdemokraten steuern wieder mal auf einen unfrohen Wahlabend im September zu. Da ist es schöner im Kanzleramt, als Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Gerhard Schröder hat das Amt 1998 ins Leben gerufen. Dass sich die Kulturnation Deutschland kein eigenständiges Kulturressort leistet, fällt bei Monika Grütters nicht weiter auf. Sie hat das Amt auf sich zugeschnitten.

Sie wollte es unbedingt, und sie zeigt ihre Ungeduld, wenn es nicht schnell genug geht, das gehört zu ihrer Art. Zugleich erfordern die Themen, die unbearbeitet herumlagen, als sie ins Amt kam, auch ein gewisses Tempo. Zum Beispiel das Museum der Moderne in Berlin: Die Sammler, die ihre Schätze hergeben, sind in hohem Alter. Und als Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für den Neubau am Kulturforum 200 Millionen Euro in Aussicht stellte, griff Grütters zu und beendete einen jahrzehntealten Streit darüber, wie die Stadtlandschaft zwischen Potsdamer Platz und der Neuen Nationalgalerie jenseits der Provisorien aussehen könnte. Die alten Stadtplaner waren wütend, wollten weiter debattieren, kamen gar mit der absurden Idee der unterirdischen Verlegung der Potsdamer Straße, aber da war die Sache schon entschieden.


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