In China wächst die Angst vor Reisen nach Europa

  20 Juli 2016    Gelesen: 392
In China wächst die Angst vor Reisen nach Europa
Der jüngste Terror in Deutschland und Frankreich bestärkt die Chinesen im Gefühl, dass ihr einstiges Traumziel im Chaos versinkt. Europa gilt für asiatische Urlauber plötzlich als Ort, an dem es jeden jederzeit treffen kann.
Viele Chinesen lernen an diesem Mittwoch, wo Würzburg liegt: dass sich unter den schwer verletzten Opfern der Terrorattacke eines afghanischen Flüchtlings vier Einwohner Hongkongs befinden, hat die Ereignisse im fernen Deutschland dem Reich der Mitte ganz nahe gebracht.

Chinesische Zeitungen berichten ihren Lesern die Details: Das Hongkonger Ehepaar hatte demnach mit seiner Tochter und deren Freund eine Hochzeit in England besucht und war dann nach Deutschland übergesetzt. In Treuchtlingen im Altmühltal waren sie in den Regionalzug gestiegen. Auch der 17-jährige Sohn der Familie war bei der Reise dabei, konnte der Attacke aber entkommen. Der 62 Jahre alte Familienvater und der 31 Jahre alte Partner der Tochter erlitten hingegen lebensgefährliche Verletzungen und liegen auf der Intensivstation in einem Würzburger Krankenhaus.

Der Vorfall befeuert unter Chinesen eine Debatte darüber, wie sicher es noch ist, auf den europäischen Kontinent zu reisen. „Seit die Flüchtlingswelle nach Europa geschwappt ist, habe ich das Gefühl, dass der Terror nicht aufhören wird“, schreibt Nutzer Qituzouxi auf dem Twitter-ähnlichen Kurznachrichtendienst Weibo. „Frankreich, Deutschland – künftig wird es Terror in ganz Europa geben.“

Nutzer Evatoffel ist schockiert: „Heute Morgen, als ich aufgewacht bin, habe ich von dem schrecklichen Vorfall in Deutschland gelesen.“ Die deutschen Medien versuchten seiner Meinung nach den Anschlag als „Einzelfall“ darzustellen, der nichts mit dem islamistischen Terror zu tun habe. Der Chinese ist besorgt: Brexit, Türkei-Putsch, aber auch das Aufflammen eines neuen Nationalismus in China selbst, all das führe zu nichts Gutem: „Ich fürchte, dass die ganze Welt nach rechts rückt.“

Telefone bei chinesischen Reiseveranstaltern stehen nicht still
Die Anschläge in Deutschland und Frankreich haben in Asien ein Bild von Europa gezeichnet, dessen Politiker der Gefahr durch den Terror nicht mehr Herr werden. „Kann Europa den Kampf gegen den Terrorismus gewinnen?”, fragt die „Global Times“, eine der größten Zeitungen Chinas. Die Axt-Attacke von Würzburg nennt sie einen „Schock“; besonders in Deutschland müsse mit einer neuen Welle an Terrorattacken gerechnet werden, von denen man nicht ausgehen könne, dass sie verhindert werden könnten, teilt das Blatt seinen Lesern mit.

Europa stecke seit den Flüchtlingsströmen auf den Kontinent in einem „Teufelskreis“, so die Darstellung. Die Verhinderung von Terroranschlägen sei für den Westen eine drängendere Aufgabe als „geopolitischer Wettbewerb“, bemerkt das Blatt nicht ohne einen frohlockenden Unterton. Der Satz ist ein Seitenhieb auf die Kritik aus Europa und den Vereinigten Staaten an China, dessen Expansion ins Südchinesische Meer vergangene Woche von einem Internationalen Schiedshof in Den Haag für illegal erklärt worden war.

In einem anderen Bericht zitiert die „Gobal Times“ einen Manager des chinesischen Reiseveranstalters CYTS Tours, der mit stark sinkenden Buchungszahlen für Europa-Reisen rechnet. So seien vergangenes Jahr nach den Anschlägen in Paris und Brüssel ein Drittel weniger Touristen aus China nach Europa gereist. Die Terrorwelle schaffe „Unsicherheit“ unter den Urlaubern. Die Telefone stünden dieser Tage bei den Reiseveranstaltern nicht mehr still: „Jeder will wissen, ob er seinen Trip nach Europa absagen soll.“


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