EU-Arzneimittelbehörde empfiehlt Medikament zur HIV-Prophylaxe

  23 Juli 2016    Gelesen: 695
EU-Arzneimittelbehörde empfiehlt Medikament zur HIV-Prophylaxe
Truvada war das Top-Thema auf der Welt-Aids-Konferenz: Die Pille kann vor HIV-Infektionen schützen. Doch wäre es falsch, allein auf das Medikament zu setzen.
Die europäische Arzneimittelbehörde Ema hat die Zulassung eines Medikaments zur HIV-Prophylaxe empfohlen. Durch die tägliche Einnahme von Truvada könnten Menschen das Risiko einer HIV-Infektion senken, erklärte die in London ansässige Behörde. Die EU-Kommission muss der Zulassung formell noch zustimmen. Jeder EU-Mitgliedstaat entscheidet dann über den Preis der Tabletten und ob das jeweilige Gesundheitssystem die Kosten dafür übernimmt oder nicht.

Die Entscheidung der Ema fiel zusammen mit dem Abschluss der einwöchigen Welt-Aids-Konferenz im südafrikanischen Durban. Bei den Beratungen von Tausenden Forschern, Aktivisten und Regierungsvertretern hatte das neue Prophylaxe-Medikament ebenfalls eine große Rolle gespielt.

Die PrEP genannte Prophylaxe basiert auf einer Kombination von Medikamenten, die bereits seit 2005 in der EU für die HIV-Behandlung zugelassen sind (Emtricitabin und Tenofovir disoproxil). Nun hätten zwei Studien bei der Nutzung der Prophylaxe ein deutlich geringeres Risiko einer HIV-Infektion nachgewiesen, teilte die Ema mit. Die Behörde warnt jedoch, dass das Medikament Kondome nicht ersetze, da diese auch vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten schützten.

Truvada ist in den USA bereits seit 2012 zugelassen. In Südafrika wird das Medikament seit diesem Jahr an Prostituierte abgegeben. Experten zufolge könnte das Mittel in Deutschland monatlich rund 800 Euro pro Patient kosten. Ob Krankenkassen das zumindest für Angehörige von Risikogruppen bezahlen würden, ist noch ungewiss.

Kritiker warnen davor, dass Truvada dazu verleiten könnte, das HIV-Infektionsrisiko zu unterschätzen. Die Deutsche Aids-Hilfe hingegen begrüßte die Zulassungsempfehlung und forderte eine rasche Einführung in Deutschland. "Es ist jetzt an der Zeit, mit allen Beteiligten Möglichkeiten auszuloten, wie sie finanziert werden kann", sagte Geschäftsführerin Silke Klumb. "Wir haben die Möglichkeit, Leben zu retten und Infektionen zu verhindern – dafür müssen wir alles tun, was möglich ist."

Gleichzeitig forderte Klumb den Hersteller Gilead auf, den Preis zu senken, um eine breitere Verwendung zu ermöglichen. Das Medikament kommt Experten zufolge vor allem für Menschen mit hohem Infektionsrisiko in Frage. Die Aids-Hilfe sieht vor allem schwule Männer gefährdet.

Die Welt-Aids-Konferenz war in erster Linie ein Forum des Austausches für die mit dem Kampf gegen HIV und Aids befassten Experten. Eines der wichtigsten Themen war die Frage, wie das Ziel der internationalen Gemeinschaft erreicht werden kann, die Immunschwächekrankheit Aids bis 2030 auszurotten. Viele Experten warnten, dass das Ziel mit der gegenwärtig verfügbaren Finanzierung und anhaltend hohen Infektionszahlen kaum zu erreichen sei.

Weltweit sind rund 37 Millionen Menschen HIV-positiv. Gegenwärtig infizieren sich jährlich rund 2,1 Millionen neu. Rund 1,1 Millionen Menschen starben 2015 an den Folgen von Aids. Die nächste Welt-Aids-Konferenz soll 2018 in Amsterdam stattfinden.



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