Lästernde Polizeischüler sollen gefeuert werden

  26 Juli 2016    Gelesen: 630
Lästernde Polizeischüler sollen gefeuert werden
Sexistische Bemerkungen und Handlungen gegen Mitschülerinnen: Die Vorwürfe gegen zwei Polizeianwärter wiegen schwer. Das Kieler Innenministerium will beide nun loswerden. Doch es gibt Widersprüche.
Das Schreiben des Kieler Innenministeriums, das den Polizeianwärter Thilo A. (Name geändert, red.) Anfang Juli erreicht, lässt keinen Platz für Zweifel. "Nach Bewertung des Gesamtvorganges", so heißt es dort, habe man "die Absicht, Sie (...) durch Widerruf des Beamtenverhältnisses aus dem Dienst des Landes Schleswig-Holstein zu entlassen".

Nach Prüfung der von drei Polizeianwärterinnen erhobenen und von dem Landtagsfraktionschef der Piraten öffentlich gemachten Sexismusvorwürfe hege man "begründete Zweifel daran, dass Sie (gemeint ist der Polizeianwärter A., red.) den an Sie zu stellenden Anforderungen als Polizeibeamter persönlich gewachsen sein werden". Damit scheide "eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe aus". Mit freundlichen Grüßen.

Ein ähnliches Schreiben ist an einen weiteren Polizeianwärter herausgegangen. Die entsprechenden Disziplinarverfahren laufen noch, die Zielrichtung ist eindeutig. Die beiden Polizeianwärter sollen ihren Dienst beenden, weil sie während ihrer Ausbildung an der Polizeischule Eutin regelmäßig sexistische und herabsetzende Bemerkungen, Gesten und Handlungen gegen einen Teil ihrer Mitschülerinnen vollzogen haben sollen. Ein Verhalten, das sie als ungeeignet für den Polizeidienst erscheinen lasse. So weit, so nachvollziehbar.

"Obszöne Zungenbewegungen", "sexistische Andeutungen"

Nicht ganz so eindeutig ist die Sachlage allerdings, wenn man sich die Vorwürfe im Einzelnen anschaut, die das Landespolizeiamt erhebt. So soll der Anwärter A. nach Angaben der Behörde im Jahr 2014 gegenüber der Auszubildenden Anne B. (Name geändert) "sexistische Andeutungen und Anmachsprüche gemacht haben", indem er "Ihr gegenüber obszöne Zungenbewegungen" durchführte. Außerdem soll A. der Mitschülerin im Schwimmunterricht "einen Klaps auf den Hintern" gegeben haben, den Anne B. "als sexuelle Belästigung wahrgenommen" habe.

A. habe sich außerdem an einem anderen Tag "über die sich durch die Kälte abzeichnenden Brustwarzen" einer weiteren Mitschülerin lustig gemacht und ihr "später nicht aus dem Weg gegangen sein". Eine dritte Polizeianwärterin, die im Schwimmbad beim Sprung ins Wasser eine etwas unglückliche Figur gemacht haben soll, habe A. mit der Bezeichnung "Happy Hippo" belegt.

Ob das am Ende für einen Ausschluss vom Beamtendienst taugt, muss nun der schleswig-holsteinische Innenminister Stefan Studt (SPD) entscheiden. Der Ausgang des Verfahrens ist trotz des auf Entlassung zielenden Schreibens des Landespolizeiamts offen.

Zum einen hat Zeugin B. in einer "dienstlichen Erklärung" mitgeteilt, dass sie sich vom Polizeianwärter A. zu keiner Zeit sexuell belästigt gefühlt habe. Zum anderen, so berichtet es der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag, hätten auch zwei weitere Polizeianwärterinnen ihre Beschuldigungen zurückgezogen.

Die Disziplinarverfahren waren eröffnet worden, obwohl die Staatsanwaltschaft Lübeck die Vorwürfe im vergangenen Jahr als nicht zu belegen erst ad acta und dann in den Reißwolf bugsiert hatte. Anlass für die Wiederaufnahme war eine Veröffentlichung der Piraten-Fraktion, die die Akten gemeinsam mit drei Polizeianwärterinnen rekonstruiert und an das Innenministerium gesandt hatte. Der Chef der Piratenfraktion Patrick Breyer ist inzwischen vom Vater einer der beteiligten Polizeischülerin wegen vorsätzlicher falscher Anschuldigungen angezeigt worden.

Breyer warf diesem Vater, einem SPD-Kommunalpolitiker, am Montag vor, mittels der Strafanzeige "Wahlkampf gegen die Piraten" zu machen.

Quelle : welt.de

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