Nur 63 Prozent der Aktionäre sind für die Börsenfusion

  30 Juli 2016    Gelesen: 499
Nur 63 Prozent der Aktionäre sind für die Börsenfusion
Viele Aktionäre der Deutschen Börse sind gegen einen Zusammenschluss mit der London Stock Exchange. So jedenfalls muss man die Tatsache deuten, dass nur 63,65 Prozent der Aktien bis zum Ende der Umtauschfrist angedient worden sind.
Die Deutsche Börse hat wesentlich weniger Rückhalt unter ihren Aktionären für die geplante Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) als sie erwartet hat. Wie der Börsenbetreiber am Freitag mitteilte, sind bis zum Ende der Umtauschfrist am Dienstagabend 63,65 Prozent der Aktien angedient worden. Ursprünglich wäre eine Mehrheit von 75 Prozent nötig gewesen, damit die Fusion zustande kommt. Als absehbar war, dass die Fusion an dieser Hürde scheitern würde, senkte die Börse kurzerhand das benötigte Quorum auf 60 Prozent und verlängerte die Frist um zwei Wochen.

In Gesprächen mit Aktionären hatte der Vorstandsvorsitzende Carsten Kengeter jedoch das Ziel geäußert, mehr als 95 Prozent Zustimmung erlangen zu wollen, um die übrigen Börsenaktionäre herausdrängen zu können (Squeeze-Out). Am Freitag zitierte die Börse ihren Finanzvorstand Gregor Pottmeyer mit den Worten: „Wir sind sehr erfreut, dass unsere Aktionäre mehrheitlich von der strategischen Logik unseres geplanten Zusammenschlusses überzeugt sind.“

Auch Aktionäre, die der Fusion zugestimmt haben, äußern im Gespräch andere Ansichten. Man habe nur zugestimmt, um noch größeren Schaden abzuwenden, heißt es da. Ein Scheitern zum jetzigen Zeitpunkt am Votum der eigenen Aktionäre hätte das Unternehmen in eine Führungskrise gestürzt. Sowohl der seit 14 Monaten amtierende Kengeter wie auch Aufsichtsratsvorsitzender Joachim Faber hätten dann kaum noch im Amt bleiben können. Natürliche Nachfolger sind nicht in Sicht. Das gesamte Unternehmen ist seit mindestens einem halben Jahr voll auf die Fusion ausgerichtet, die zudem schon einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gekostet hat.

Nun wird die Anmeldung der Fusion in Brüssel vorbereitet. Das Fusionskontrollverfahren der EU-Kommission wird wohl bis ins nächste Jahr hinein dauern und vor allem beleuchten, ob die Fusion der beiden größten europäischen Börsen den Wettbewerb behindert. Parallel dazu wird das Referendum-Komitee der Börsen sich Gedanken machen, welche Rückschlüsse aus dem Brexit-Votum für die Fusion zu ziehen sind. Hier wird es vor allem auch um die Sitzfrage gehen. Womöglich wird dann noch einmal eine Zustimmung der Aktionäre zu den Änderungen am Fusionsvertrag nötig sein.

Der neue Großaktionär der Deutschen Börse, Artisan Partners, scheint die Transaktion indes nicht torpedieren zu wollen. Die Börse hatte am Donnerstag gemeldet, dass die amerikanische Gesellschaft ihren Aktienanteil auf gut 5 Prozent aufgestockt hatte. Dem Vernehmen nach hat sie mit ihren Aktien der Fusion jedoch zugestimmt und ist schon seit längerem Aktionär der Deutschen Börse. Sie verfügt nach eigenen Angaben über ein Vermögen von etwa 80 Milliarden Euro und bezeichnet sich als Partnerschaft unabhängiger Investoren. Der letzte Fusionsversuch der Deutschen Börse mit der London Stock Exchange war 2005 am Widerstand aktivistischer Aktionäre gescheitert und hatte die Vorsitzenden von Vorstand und Aufsichtsrat ihre Ämter gekostet.


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