Nach Ansicht von Vertretern der Gastronomie-Branche vermiesen vor allem Getränke aus dem Kühlregel und Snacks zum Mitnehmen den Wirten das Geschäft. "Die Supermärkte wollen ein Stück abhaben von den Außer-Haus-Umsätzen", sagt der Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Christopher Lück. Auch in längeren Ladenöffnungszeiten – teilweise bis Mitternacht – sieht die Branche ein Problem.
Dass immer mehr Menschen im Einzelhandel zum Essen to go greifen, hat auch mit einem veränderten Konsumverhalten zu tun, wie eine Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK von 2015 ergab: Pro Jahr nehmen die Deutschen demnach rund drei Milliarden Mahlzeiten weniger zu Hause zu sich als noch vor zehn Jahren. Dies entspricht einem Rückgang um 4,2 Prozent. Darauf hätten die Lebensmittelhändler mit einem Ausbau ihrer Angebote reagiert, sagt Christian Böttcher, Pressesprecher beim Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). So habe sich das Sortiment von Produkten zum Unterwegsverzehr in den großen Supermärkten innerhalb von sieben Jahren fast verdoppelt. Verzehrfertige Salate, belegte Brötchen, Baguettes oder andere Snacks seien besonders gefragt.
Spätis wirken schon wie Kneipen
Neu bei den Getränken sei das verstärkte Angebot von frisch gepressten Säften und Smoothies. Insgesamt sei der Umsatz von alkoholfreien Getränken im deutschen Lebensmittelhandel zwischen 2010 und 2015 von 10,7 auf 11,9 Milliarden Euro gestiegen. Zu den alkoholfreien Getränken zählen Erfrischungsgetränke, Limonaden, Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, Instantgetränke, Wasser und Schorlen.
Eher geringere Auswirkungen haben für Restaurants dagegen die zahlreichen Kioske in Großstädten, die vor allem am Wochenende mit Kaltgetränken ein großes Geschäft machen. Dies liegt nach Angaben der Dehoga an den unterschiedlichen Zielgruppen. Problematisch scheint dieses Angebot allerdings für Clubs zu sein: Häufig sind es junge Leute, die sich ihr Bier oder ihre Drinks statt an einer Bar für weniger Geld in einem Kiosk holen, um sich damit auf den Bürgersteig zu setzen. Cornern heißt das Phänomen – übersetzt: an der Straßenecke abhängen –, das besonders viel Zulauf in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Köln oder Düsseldorf findet.
Für Verärgerung sorgt das vor allem in der Hauptstadt: Seit Jahren würde Clubs und Diskotheken durch die sogenannten Spätis der Getränkeumsatz wegbrechen, sagt Rainer Grigutsch von der Clubcommission, die die Berliner Clubszene vertritt. Die kleinen Läden haben lange geöffnet und führen in erster Linie Getränke, Snacks und Knabbereien. Clubgänger betrinken sich demnach erst an der Ecke und gehen dann im Club feiern, ohne dann dort noch viel zu konsumieren.
Doch die Clubs ärgern sich nicht nur über den entgangenen Umsatz. Auch weggeworfene Flaschen und Müll vor ihren Discos stören sie – ein zusätzlicher Effekt, den das Vorglühen mit sich bringe, sagt Grigutsch. Einen weiteren Kritikpunkt führt Christoph Becker, Geschäftsführer von Dehoga Nordrhein, an: In Köln seien Spätis inzwischen räumlich so ausgestattet, dass sie fast Kneipencharakter hätten. Sie geben sich also folglich nach außen noch als Einzelhändler, sind aber von innen schon Gastronomiebetriebe.
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